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Merkblatt "Hinweise für die Hauptverhandlung"

Hinweise für die Hauptverhandlung

Für die in den nächsten Tagen in Ihrer Strafsache anstehende Hauptverhandlung möchte ich Ihnen einige hilfreiche Tipps geben und den Gang der Hauptverhandlung erläutern.

I. Vor der Hauptverhandlung:
  1. Können Sie den Termin wegen einer Reise oder dergleichen nicht wahrnehmen, so ist äußerst wichtig, mir so schnell wie möglich Ihre Hinderungsgründe zu nennen. Erforderlich ist, mir die Reiseunterlagen zu überbringen, damit ich das Gericht glaubhaft darüber in Kenntnis setzen kann. Dies ist in der Regel erfolgreich. Sollten die Gründe nicht ausreichend sein, kann das Gericht auf die Terminierung bestehen.
  2. Überraschenderweise können Sie den Termin der Hauptverhandlung wegen Krankheit nicht wahrnehmen: In diesem Fall ist ein ärztliches Attest erforderlich. Dieses Attest muss beinhalten, dass es zur Vorlage bei Gericht ist und den Grund der Verhandlungsunfähigkeit erklären. Hinzu kommt die Mitteilung der Dauer der Verhandlungsunfähigkeit. Die ärztliche Schweigepflicht gilt in diesem Fall nach der Rechtsprechung nicht!
Verhalten in der Hauptverhandlung

II. Folgendes Verhalten ist in der Hauptverhandlung zu empfehlen:
  1. Versuchen Sie sich möglichst so zu kleiden, dass Sie keinen Anstoß erregen. Also möglichst keine kurzen Hosen, enge Muskelshirts, nicht barfuß usw.
  2. Trinken Sie vor der Hauptverhandlung auf keinen Fall Alkohol oder nehmen Drogen. Einen Kaugummi sollten Sie vor Beginn der Hauptverhandlung aus dem Mund nehmen.
  3. Kommen Sie pünktlich zur Hauptverhandlung; lieber einige Minuten zu früh, als zu spät.
  4. Während der Hauptverhandlung sollten Sie alle Zwischenrufe und Bemerkungen zu Äußerungen des Gerichts, aber insbesondere auch zu Zeugen, unterlassen. Besonders gilt dies für die Aussage des Geschädigten.
  5. Lassen Sie sich, wenn Sie keine Angaben zur Sache machen, auf keinen Fall in der Hauptverhandlung zu spontanen Äußerungen verleiten.
  6. Sie sollten sich erheben, wenn das Gericht, auch der Einzelrichter, den Verhandlungssaal betritt oder verlässt.
  7. Sprechen Sie den Richter mit "Herr Richter" oder "Herr Vorsitzender" an.
  8. Wollen Sie in der Hauptverhandlung eine Erklärung abgeben, z. B. zu einer Zeugenaussage, können Sie das nach Abschluss einer jeden Zeugenvernehmung tun. Den Inhalt einer solchen Erklärung sollten Sie aber auf jeden Fall vorher mit mir abstimmen.
  9. Sie können dazu und auch sonst in der Hauptverhandlung jederzeit um eine vertrauliche Unterredung mit mir bitten und ich kann, wenn Sie das wünschen, dann die Unterbrechung der Hauptverhandlung beantragen, damit wir in Ruhe, z.B. über eine Zeugenaussage und Ihre Erklärung dazu, sprechen können.
  10. Sie sollten auch mit mir absprechen, ob Sie in Ihrem "letzten Wort" noch eine ins Einzelne gehende Erklärung abgeben wollen, oder ob Sie sich nur meinen Ausführungen anschließen. Ich rate zu Letzterem.
  11. Zur Urteilsverkündung stehen Sie bitte auf. Enthalten Sie sich jeglichen kommentierenden Äußerungen zu dem vom Vorsitzenden verkündeten Urteil. Unterbrechen Sie den Vorsitzenden bei der mündlichen Urteilsverkündung nicht, und zwar auch dann nicht, wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie direkt von ihm angesprochen werden.
  12. Falls Sie verurteilt werden, unterlassen Sie nach der Verhandlung alles, was als Bedrohung gegenüber Zeugen, insbesondere dem Geschädigten, angesehen werden könnte.
II. Die Hauptverhandlung wird etwa folgenden Verlauf nehmen:

An der Hauptverhandlung nehmen außer dem Gericht noch der Staatsanwalt, der Protokollführer (sowie die Zeugen und der vom Gericht bestellte Sachverständige) teil.

  • Aufrufen der Sache
    Der Wachtmeister wird zunächst die Sache aufrufen. Nachdem dann alle Beteiligten im Gerichtssaal anwesend sind, wird das Gericht den Verhandlungssaal betreten.
  • Eröffnung der Sitzung
    Danach wird der Vorsitzende die Sitzung eröffnen. In der Regel wird er nun die bei Aufruf der Sache erschienenen Zeugen belehren und sie dann bitten, vor dem Verhandlungssaal bis zum Beginn ihrer Vernehmung zu warten. Sind die Zeugen für einen späteren Zeitpunkt geladen, wird die Belehrung dann nachgeholt.
  • Feststellen der Personalien
    Im Anschluss an die Belehrung der Zeugen werden ihre Personalien festgestellt, also Name, Wohnort und Geburtsdatum. Die entsprechenden Fragen müssen sie auch dann beantworten, wenn sie zur Sache keine Angaben machen wollen.
  • Verlesen der Anklage
    Danach verliest der Staatsanwalt die Anklage und der Vorsitzende stellt fest, dass und wann die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen worden ist.
  • Aussagen oder nicht?
    Nunmehr werden Sie darüber belehrt, dass es Ihnen freisteht, zur Sache auszusagen oder zu schweigen. Hier geben Sie bitte die abgesprochene Erklärung ab. Wollen Sie nichts zur Sache sagen, erklären Sie einfach, dass Sie keine Angaben machen möchten.
  • Angaben zur Sache
    Wollen Sie Angaben machen, erklären Sie das. Sie können dann - in der Regel zunächst im Zusammenhang - den Tathergang aus Ihrer Sicht schildern und dabei auf alles für Sie Sprechende hinweisen. Sie müssen damit rechnen, dass der Vorsitzende Sie gegebenenfalls durch die eine oder andere Frage, die zur Klarstellung erforderlich ist, unterbricht. Sollte das zu häufig sein, werde ich mich einschalten.
    Wenn Sie Ihren Bericht beendet haben, schließen sich gegebenenfalls Fragen des Vorsitzenden, der anderen Berufsrichter, der Schöffen, des Staatsanwaltes und von mir und gegebenenfalls den Verteidigern der anderen Angeklagten an. Beantworten Sie diese ruhig und vollständig, gegebenenfalls bitten Sie mich um eine Unterredung (siehe oben).
  • Beweisaufnahme
    Ist Ihre "Einlassung zur Sache" beendet, beginnt die eigentliche Beweisaufnahme mit der Vernehmung der Zeugen, die einzeln vernommen werden.
  • Zeugenvernehmung
    Unterbrechen Sie die Zeugen nicht; falls Sie Anmerkungen zu den Aussagen haben, teilen Sie sie mir mit. Im Anschluß an die Befragungen der Zeugen durch das Gericht haben der Staatsanwalt und ich die Möglichkeit, die Zeugen zu befragen. Auch Sie können dann die Zeugen befragen. Sprechen Sie die Fragen bitte vorher mit mir ab. Sie können an dieser Stelle die Zeugen auch nur fragen, Erklärungen zu den gemachten Angaben können Sie (noch nicht) abgeben.
  • Erklärung zu Zeugenangaben
    Nach Abschluss der Zeugenvernehmungen können Sie eine Erklärung Erklärung zu zu den Angaben des Zeugen abgeben. Sprechen Sie über eine solche Zeugenangaben aber vorher auf jeden Fall mit mir.
  • Anhörung von Sachverständigen
    Sind alle Zeugen vernommen, wird die Beweisaufnahme mit der Anhörung von Sachverständigen, falls diese bestellt sind, mit der Verlesung von Urkunden oder einer Augenscheinseinnahme fortgesetzt. Wenn Sie dazu Fragen haben, sprechen Sie mich in der Hauptverhandlung darauf an.
  • Beweisaufnahme beendet
    Wenn alle Beweise erhoben sind, wird die Beweisaufnahme vom Vorsitzenden, falls keine weiteren Beweiserhebungen mehr beantragt werden, geschlossen. Falls Sie die Erhebung weiterer Beweise für erforderlich halten, sagen Sie es mir bitte rechtzeitig, damit ich gegebenenfalls entsprechende Anträge vorbereiten kann.
  • Plädoyers
    Falls Beweisanträge nicht mehr gestellt werden, werden die sogenannten Plädoyers oder Schlußvorträge gehalten. In der Regel erhält zunächst der Staatsanwalt das Wort und dann ich; in der Berufungshauptverhandlung erhält der zuerst das Wort, der Berufung eingelegt hat. Im Anschluß an die Plädoyers haben Sie Gelegenheit zu Ihrer Verteidigung noch Ausführungen zu machen, ferner wird Ihnen dann das sogenannte "letzte Wort" erteilt. Sprechen Sie alles, was Sie hier noch sagen wollen, vorher mit mir ab.
  • Urteilsverkündung
    Das Gericht wird sich dann zur Beratung des Urteils zurückziehen und es wird im Verhandlungsablauf eine Pause eintreten. Wenn das Gericht wieder erscheint, wird es (in der Regel) nun das Urteil verkünden, das der Vorsitzende mündlich begründen wird.
  • Wichtig:
    Im Anschluss daran erhalten Sie noch die Rechtsmittelbelehrung und gegebenenfalls eine Belehrung zu einem Bewährungsbeschluss. Nach Möglichkeit sollten Sie keine Erklärungen dazu abgeben, ob Sie das Urteil annehmen oder nicht. Das werden wir außerhalb des Sitzungssaals in Ruhe besprechen.

Verfasser: Rechtsanwältin Mäder-Hildebrandt