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Vollzugsplanung

Maßstäbe, Anforderungen und Zielsetzungen

I. Der Vollzugsplan - eine Einführung -

Der Vollzugsplan beinhaltet den Versuch, den Strafvollzug für die jeweilig betroffenen Personen so zu gestalten, dass das Vollzugsziel gemäß § 2 Strafvollzugsgesetz (im folgenden StVollzG abgekürzt), das wie folgt lautet:

"Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen."

Satz zwei ergänzt dies:

"Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten."

Des weiteren soll der Strafvollzug der Wiedereingliederung und der Befähigung für ein Leben in Freiheit dienen (§ 3 Abs. 3 StVollzG).

Um diesem Ziel so nah wie möglich zu kommen, wird über das Aufnahmeverfahren (§ 5 StVollzG) und die Behandlungsuntersuchung (§ 6 StVollzG) des Gefangenen schließlich der Vollzugsplan erstellt.

1) Das Aufnahmeverfahren gemäß § 5 StVollzG

Während des gesamten Aufnahmeverfahrens dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein.

Die Vorschrift dient insbesondere dem Datenschutz und dem Schutz der Intimsphäre. Sie umfasst das gesamte Aufnahmeverfahren.

Dazu gehört:

  • die Entscheidung über die Aufnahme
  • die körperliche Untersuchung
  • die Umkleidung
  • die ärztliche Untersuchung
  • die Vorstellung beim Anstaltsleiter oder Leiter der Aufnahmeabteilung sowie
  • die individuelle Unterrichtung über Rechte und Pflichten.

Gemäß § 5 Abs. 2 StVollzG hat der Gefangene einen Rechtsanspruch auf individuelle Unterrichtung über seine Rechte und Pflichten. Dies kann im Rahmen des sogenannten Zugangsgespräches erfolgen. Es sind jedoch auch Belehrungen aller Neuzugänge in Gruppenform möglich, ersetzen jedoch nicht die individuelle Unterrichtung.

Gemäß § 5 Abs. 3 StVollzG wird der Gefangene nach der formellen Aufnahme - durch Mitarbeiter der Vollzugsgeschäftsstelle (VZG) - alsbald ärztlich untersucht und dem Leiter der JVA oder der Aufnahmeabteilung vorgestellt.

Zweck der Aufnahmeuntersuchung ist unter anderem die Abwehr eventuell unbegründeter Amtshaftungsansprüche durch unbegründete Behauptungen einer Infektionskrankheit. Aus diesem Grund ist die Aufnahmeuntersuchung auch in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme durchzuführen.

2) Die Behandlungsuntersuchung gemäß § 6 StVollzG

§ 6 StVollzG lautet wie folgt:

"(1)
Nach dem Aufnahmeverfahren wird damit begonnen, die Persönlichkeit und die Lebensverhältnisse des Gefangenen zu erforschen. Hiervon kann abgesehen werden, wenn dies mit Rücksicht auf die Vollzugsdauer nicht geboten erscheint.

(2)
Die Untersuchung erstreckt sich auf die Umstände, deren Kenntnis für eine planvolle Behandlung des Gefangenen im Vollzug und für die Eingliederung nach seiner Entlassung notwendig ist. Bei Gefangenen, die wegen einer Straftat nach den § 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches (im folgenden StGB abgekürzt) verurteilt worden sind, ist besonders gründlich zu prüfen, ob die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt angezeigt ist.

(3)
Die Planung der Behandlung wird mit dem Gefangenen erörtert.

Verwaltungsvorschrift zu § 6

Bei einer Vollzugsdauer von einem Jahr ist eine Behandlungsuntersuchung in der Regel nicht geboten.

Nach dieser Vorschrift wird der Gefangene durch Besprechung an der vorgesehenen Planung beteiligt. Die Untersuchung erstreckt sich auf die Erforschung der Lebensverhältnisse, der Persönlichkeit des Gefangenen und auf sonstige resozialisierungsrelevante Umstände.

Der Gefangene ist zur Mitwirkung im Rahmen der Untersuchung berechtigt, aber nicht verpflichtet, obwohl er die Maßnahme zu dulden hat. Zur Durchführung der Behandlungsuntersuchung sind besondere personelle Voraussetzungen erforderlich, um die Vorbereitung der Planung zu ermöglichen.

Die Behandlungsuntersuchung gemäß § 6 StVollzG endet mit einer sogenannten Einweisungsentschließung. Diese stellt die Entscheidung über den künftigen Vollzugsort und die Vollzugskategorie für den Gefangenen dar. Die Entschließung stellt in einem Verfahren gemäß § 109 ff. StVollzG eine gerichtlich anfechtbare Maßnahme dar.

Die Einweisungsentschließung hat folgende Kriterien zu berücksichtigen:

  • tragfähige Familienbindungen und Ortsnähe
  • Beschäftigungsmöglichkeiten
  • Aus- und Fortbildungsangebote
  • Behandlungsangebote der aufnehmenden Anstalt
  • Gefährlichkeit des Gefangenen.

Für die gerichtliche Überprüfung einer Einweisungsentschließung gilt: Die Einweisungskommission hat bei der Ausführung unbestimmter Rechtsbegriffe (zum Beispiel die Gefährlichkeit des Gefangenen) den zugrunde liegenden Sachverhalt zutreffend und vollständig zu ermitteln und zumindest nachvollziehbar zu bewerten (BGHSt 30, 320 ff.).

Bei der Beurteilung prognostischer Elemente, verbleibt ein begrenzter Entscheidungsfreiraum (BVerfG, NJW 1991, 2005 ff.). Anschließend ist über die Einweisung nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden. Dabei ist auch das beispielsweise beanstandungsfreie Verhalten innerhalb einer Anstalt mit geringem Sicherheitsgrad zu berücksichtigen.

Die Einweisungsentschließung ist die Grundlage für den Vollzugsplan. Ein Anwalt stellt in diesem Verfahrensstand eine sinnvolle Begleitung für den Mandanten dar. Es besteht die Möglichkeit durch Kontakte mit der Einweisungskommission den nicht gerade selten vorkommenden Fehlbeurteilungen entgegenzuwirken. Diese Fehler entstehen aufgrund der Überbelastung der Justizbediensteten und der damit verbundenen mangelnden Zeit für die einzelnen Gefangenen. Dies führt letztlich zu oberflächlichen Kenntnissen von der Person des Gefangenen und dadurch zu einer falschen Planung.

Das Angebot eines Verteidigers zur Kooperation mit der Kommission dient letztlich der Arbeitsentlastung derselben. Leider trifft man in vielen Strafanstalten nach wie vor auf erhebliche Widerstände von Seiten der Vollzugsbediensteten, die dem Verteidiger mit Misstrauen begegnen. Dies ist meines Erachtens eine völlig verfehlte Einstellung und unbegründet.

Der Vollzugsplan und die Behandlungsuntersuchung dienen der Durchsetzung des Vollzugszieles und erfordern ein konzentriertes Zusammenwirken aller an der Resozialisierung Beteiligten. Bei der Erstellung des Vollzugsplanes geht es um ganz konkrete, während des Vollzugs zu treffende Maßnahmen.

Dabei müssen grundsätzlich drei unterschiedliche Situationen berücksichtigt werden:

Zum einen Probleme, die der Gefangene aus seinem Leben vor dem Freiheitsentzug mitbringt, zum anderen die während des laufenden Vollzuges zu nutzende Zeit und schließlich die nach der Entlassung zu bewältigenden Schwierigkeiten.

Zur Aufstellung und Überprüfung des Vollzugsplanes sind Konferenzen durchzuführen (§ 159 StVollzG).

3) Unklarheiten bezüglich des Entlassungszeitpunktes

Die Planung innerhalb des Vollzugsplanes orientiert sich in erster Linie am Entlassungszeitpunkt. Schwierigkeiten entstehen in der Planung dadurch, dass die zeitlich fest stehende freiheitsentziehende Sanktion durch eine Reihe von Faktoren wieder aufgehoben wird. Eine Reihe von Umständen führen dazu, dass die Strafzeitberechnung nicht mit dem vom Strafrichter vorgegebenen Strafende übereinstimmt:

  1. Vorzeitige Entlassung zum 2/3-Zeitpunkt oder Halbstrafe
    Zu vollstreckende zeitliche Freiheitsstrafen können zum 2/3-Zeitpunkt (§ 57 StGB) oder zum Halbstrafenzeitpunkt zur Bewährung ausgesetzt werden. Mit § 57 StGB ist die Aussetzungsmöglichkeit auch auf lebenslange Freiheitsstrafen ausgedehnt worden. Daneben gibt es eine Reihe anderer Möglichkeiten, die Vollstreckung zu unterbrechen und auch gänzlich zu beenden.
  2. Vorzeitige Entlassung im Jugendstrafrecht
    Besonders hoch ist die Flexibilität im Jugendstrafrecht. Gemäß § 88 Abs. 1 Jugendgerichtsgesetz (im folgenden JGG abgekürzt) kann die Jugendstrafe vom Vollstreckungsleiter ausgesetzt werden, wenn der Verurteilte einen Teil der Strafe verbüßt hat. Bei einer Jugendstrafe von mehr als einem Jahr, müssen allerdings mindestens 1/3 der Strafe verbüßt sein. Vor Verbüßung von sechs Monaten müssen für die Aussetzung besonders wichtige Gründe vorliegen.
  3. Vorzeitige Entlassung von Ausländern
    Bei ausländischen Staatsbürgern kann die Strafvollstreckung zu Gunsten der Abschiebung oder Auslieferung gemäß § 456 a Strafprozessordnung (im folgenden StPO abgekürzt) nach der Hälfte beendet, beziehungsweise die Strafe im Heimatland verbüßt werden.
  4. Therapie statt Haft
    Bei betäubungsmittelabhängigen Straftätern kann die Strafvollstreckung ebenfalls zu Gunsten einer Therapie ausgesetzt werden (§ 35 Betäubungsmittelgesetz (BtMG)). Dies gilt für Freiheitsstrafen von nicht mehr als zwei Jahren, aber auch für Freiheitsstrafen von mehr als zwei Jahren, wenn die zu verbüßende Reststrafe zwei Jahre nicht übersteigt.

    Die Entscheidung wird von der jeweils zuständigen Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts getroffen.
  5. Haftunfähigkeit
    Weiterhin gibt es die Möglichkeit wegen Haftunfähigkeiten nach § 455 StGB von der Vollstreckungsbehörde entlassen zu werden.
  6. Reduzierung der Strafe auf dem Gnadewege
    Auch gibt es die gnadenweise Reduzierung oder Aussetzung der Strafe, deren Voraussetzung kaum verrechtlicht und entsprechend schwer greifbar sind.

Anhand dieser Beispiele wird deutlich, wie schwer es in der Praxis der Anstalten ist eine Prognose für den voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt zu geben. Hinzu kommt, dass letztlich nur das Gericht für eine Entscheidung über die Aussetzung der Restfreiheitsstrafe zur Bewährung zuständig ist.

Diesen Schwierigkeiten bezüglich der Feststellung des Entlassungszeitpunktes kann durch die Prognose des voraussichtlichen Entlassungszeitpunktes von Seiten der Anstalt entgegengewirkt werden. Hierbei entsteht das Problem, dass die Prognose häufig sehr vorsichtig und eher zu Ungunsten des Gefangenen formuliert wird.

Richtig und der gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung entsprechend ist, wenn die Anstalt den frühestmöglichen Entlassungszeitpunkt der Planung zugrunde legt. In der Regel ist dies der 2/3-Zeitpunkt. Die Anstalt kann sich nunmehr darauf konzentrieren, die dafür erforderlichen Voraussetzungen zu planen und den Gefangenen bei der Erreichung seiner Ziele unterstützen.

Entscheidend ist, dass die Lockerungen des Vollzuges rechtzeitig vor dem vorgesehenen Entlassungszeitpunkt stattfinden.

Ein Gefangener, der zum 2/3-Zeitpunkt nicht gelockert ist, wird zu diesem Zeitpunkt nicht auf Bewährung entlassen. Eine Reststrafenaussetzung ist auch nach dem 2/3-Zeitpunkt immer möglich. Vorausgesetzt der Gefangene ist erfolgreich gelockert. Theoretisch wäre eine Strafaussetzung zur Bewährung auch ohne Lockerung möglich, stellt aber die absolute Ausnahme dar.

4) Planungssicherheit für die letzte Phase des Vollzuges

Die Strafvollstreckungskammer hat durch § 454 a StPO die Möglichkeit, Planungssicherheit für die letzte Phase des Vollzuges zu schaffen. Diese Bestimmung enthält die Möglichkeit, eine frühzeitige Entscheidung über die Rechtstrafenaussetzung zu fällen und dadurch die entsprechenden Entlassungsvorbereitungen zu unterstützen. Es handelt sich dabei bei dem Gericht um eine "vorläufige Entscheidung". Diese kann demzufolge wieder aufgehoben werden und die Aussetzung aufgrund neu eingetretener Umstände unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit widerrufen werden.

II. Der Vollzugsplan - im Einzelnen -

Der Vollzugsplan ist in § 7 des StVollzG geregelt. Er dient der Orientierung für die Bediensteten wie für den Gefangenen sowie er Aussagen über die zur Resozialisierung vorgesehenen Behandlungsmaßnahmen macht. Er wird aufgrund der Behandlungsuntersuchung erstellt.

Die in den Plan aufgenommenen Maßnahmen bewirken bei Begünstigung des Gefangenen eine Selbstbindung der Anstalt. Eine Rücknahme derselben ist nur unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 StVollzG möglich. Dies wäre dann der Fall, wenn

  1. der Anstaltsleiter aufgrund nachträglich eingetretener Umstände berechtigt wäre, die Maßnahmen zu versagen
  2. der Gefangene die Maßnahme missbraucht
  3. der Gefangene Weisungen nicht nachkommt.

Folglich kann ein Abweichen vom Vollzugsplan nur aufgrund bei Planaufstellung noch unbekannter Umstände getätigt werden. Von diesem Umstand wird in der Rechtsprechung dann eine Ausnahme gemacht, wenn es im Interesse der Sicherheit der Allgemeinheit gilt, eine offensichtliche Fehlentscheidung zu korrigieren.

Sind bestimmte Behandlungsmaßnahmen im Vollzugsplan vorgesehen, kann der Gefangene nach Verstreichen der hierzu bestimmten Frist nicht direkt vor Gericht gehen. In diesen Fällen hat er zunächst die konkrete Maßnahme bei der Anstalt zu beantragen. Erst nach deren Ablehnung (Widerspruchsverfahren) kann Rechtsschutz durch die Strafvollstreckungskammer begehrt werden.

Die Angabe des voraussichtlichen Entlassungszeitpunktes im Vollzugsplan stellt keine anfechtbare Maßnahme im Sinne des § 109 StVollzG dar. Dies findet seine Begründung darin, dass eine derartige Entscheidung im Verfahren gem. §§ 57 ff. StGB ausschließlich der Strafvollstreckungskammer vorbehalten ist und der Einschätzung im Vollzugsplan demzufolge der Regelungscharakter fehlt.

Der Vollzugsplan ist schriftlich niederzulegen. Der Gefangene hat einen Anspruch auf Aushändigung einer Kopie des Vollzugsplanes. Ohne Kenntnis des Vollzugsplanes und die Möglichkeit des Nachlesens wird in vielen Fällen die Erfüllung des Planes durch den Gefangenen nur schwer möglich sein.

Der Vollzugsplan wird unter Beteiligung einer Vollzugsplankonferenz erstellt. Er hat vor der Strafvollstreckungskammer bestand. Von einer solchen Konferenz kann nur bei Durchführung einer gemeinsamen Beratung aller an der Planung beteiligten Personen gesprochen werden.

Bei kurzen Freiheitsstrafen von weniger als sechs Monaten hat die Anstalt nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Behandlungsmaßnahmen vorzusehen; bei kürzeren Strafen von mehr als sechs Monaten wird schon ein regelrechter - wenn auch vereinfachter - Vollzugsplan verlangt.

1. Vollzugsplanfortschreibung

Der Vollzug einer Strafe ist ein dynamischer Prozess, dessen Verlauf nicht immer im Einzelnen vorhersehbar ist. Aus diesem Grunde ist gem. § 7 Abs. 3 StVollzG in angemessenen Zeitabständen eine Aktualisierung des Vollzugsplanes durch Fortschreibung vorgesehen.

Angemessen ist ein Zeitraum zwischen drei und sechs Monaten.

Maßstab ist die Notwendigkeit der Anpassung des Planes im Hinblick auf die Persönlichkeitsentwicklung und den Stand der Behandlung. Für diese Umstände werden Aktenvermerke gefertigt, die die Überprüfung des bisherigen Vollzugsverlaufs ermöglichen.

Auf Aushändigung dieser Vermerke ist kein Rechtsanspruch im Strafvollzugsgesetz formuliert. Ein solcher Anspruch erfolgt jedoch aus analoger Anwendung von § 29 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) soweit die Kenntnis der Akten zur Geltendmachung der rechtlichen Interessen des Gefangenen erforderlich ist.

Bei Verlegung eines Gefangenen in eine andere Anstalt ist der geltende Vollzugsplan fortzuschreiben.

Auf die fristgerechte Fortschreibung des Vollzugsplanes (Frist ergibt sich regelmäßig aus dem Plan selbst) hat der Gefangene einen einklagbaren Anspruch. Das inhaltliche Gestaltungsermessen der Anstalt bei der Aufstellung des Vollzugsplanes ist angreifbar und gerichtlich überprüfbar (BVerfG NJW 1993, 3189 ff.).

2. Inhalt des Vollzugsplanes

§ 7 Abs. 2 StVollzG verlangt in jedem ordentlichen Vollzugsplan die Angaben über folgende Behandlungsmaßnahmen:

  1. Die Unterbringung im offenen oder geschlossenen Vollzug
    Hier ist im Falle mangelnder Eignung für den offenen Vollzug zu Beginn der Haft über Strategien nachzudenken, die eine Eignung im Laufe des Vollzuges bewirken können.
  2. Die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt
    Bei Sexualtätern ist über die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt immer nach Ablauf von sechs Monaten erneut zu entscheiden. Bis zum 31. Dezember 2002 sollen Sexualstraftäter mit Strafen von mehr als zwei Jahren in eine sozialtherapeutische Anstalt verlegt werden, wenn dies aufgrund der Erkenntnisse der Behandlungsuntersuchung oder der Vollzugsplanung für angezeigt erachtet wird. Seit Anfang Januar des Jahres 2003 sind diese Gefangenen auch notfalls gegen ihren Willen unter den erwähnten Voraussetzungen zu verlegen.

    Andere Gefangene können in die sozialtherapeutische Anstalt verlegt werden, wenn sie zustimmen und zu ihrer Resozialisierung der besonderen Angebote dieser Anstalt bedürfen.
  3. Zuweisung zu Wohn- und Behandlungsgruppen

    Zu den Mindestanforderungen an Wohngruppenkonzepten gehört es, dass die Wohnbereiche nicht zu klein werden bzw. die Durchlässigkeit zu anderen Wohngruppen gewahrt bleibt. Sowohl Arbeit wie Ausbildung und Behandlung, aber auch gemeinsame Freizeitmöglichkeiten sollten außerhalb des Wohnbereiches und gemeinsam für Angehörige verschiedener Wohnbereiche angeboten werden.

  4. Der Arbeitseinsatz sowie Maßnahme der beruflichen Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung
    Dieser Bereich ist in §§ 37 ff. StVollzG geregelt. Dem Gefangenen sollte zu Beginn seines Aufenthaltes Gelegenheit gegeben werden, sich über die Möglichkeiten zu informieren sowie Kontakt zu Mitarbeitern des Arbeitsamtes und Schulbehörden haben. Die Planung darf nicht auf die Strafzeit beschränkt werden, sondern muss auch die Zeit anschließend (in Freiheit) umfassen. Sie sollte nicht nur auf die Angebote der Anstalt bezogen sein, sondern die Möglichkeiten im örtlichen Umfeld der Anstalt mit berücksichtigen.
  5. Die Teilnahme an Veranstaltungen der Weiterbildung
    Diese Möglichkeiten müssen bei jeder Planung mit berücksichtigt werden. Die Weiterbildung findet nicht nur im engeren beruflichen, sondern auch im allgemeinbildenden und politischen Bereich statt.
  6. Besondere Hilfs- und Behandlungsmaßnahmen
    Hier handelt es sich um Angebote, die konkret zur Lösung individueller Probleme des Einzelnen etwa auf medizinischem, finanziellem oder sozialdefizitären Sektor liegen können, z. B. Suchtberatung, Schwangerschaftshilfe, Schuldenregulierung.
  7. Lockerungen des Vollzuges
    Diese Maßnahme ist sehr frühzeitig in den Vollzugsplan aufzunehmen, damit durch Art und Aufeinanderfolge der Lockerungen eine Gesamtschau bezüglich der Behandlungen des Gefangenen möglich wird.
  8. Notwendige Maßnahmen zur Vorbereitung der Entlassung
    Hier trägt der Gesetzgeber dem Gedanken Rechnung, dass vernünftige Entlassungsvorbereitungen möglichst frühzeitig in die Planung mit einbezogen werden sollen.

III. Gerichtlicher Antrag im Bereich des Vollzugsplanes

An das Landgericht
- Strafvollstreckungskammer -
Turmstr. 91

10559 Berlin

In der Strafvollstreckungssache
des Berufsbezeichnung, Vorname, Name, Geburtsdatum, Geburtsort
zur Zeit Justizvollzugsanstalt Tegel

- Antragsteller -

gegen

die Justizvollzugsanstalt Tegel, vertr. d.d. Anstaltsleiter,

- Antragsgegnerin -

wegen: nichtordnungsgemäßer Aufstellung des Vollzugsplanes

Hiermit stelle ich gegen die Justizvollzugsanstalt Tegel Antrag auf gerichtliche Entscheidung.

Ich beantrage:
  1. Die am ....... durch die Antragsgegnerin verfügte Ablehnung des Antrages den Vollzugsplan vollständig neu zu verfassen, aufzuheben.
  2. Die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Vollzugsplan vollständig neu zu verfassen.
  3. Den Streitwert auf nicht über 600,00 § festzusetzen.
  4. Mir unter Beiordnung der Rechtsanwältin ......... Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Begründung:

Ich verbüße eine Freiheitsstrafe, die durch Urteil vom (Datum einsetzen und Aktenzeichen des Gerichts) verhängt wurde. Die Anstalt hat nunmehr den Vollzugsplan erstellt. Dieser entspricht in der vorliegenden Form nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die inhaltliche Gestaltung des Vollzugsplanes ist ermessensfehlerhaft. Dies liegt daran, dass die Antragsgegnerin nicht alle mich persönlich betreffenden Umstände berücksichtigt hat (Ermessensausfall). Insbesondere wurde nicht berücksichtigt, dass ich schwer krank bin (dieser Bereich wäre weiter auszuführen). Dadurch bin ich in meinen Rechten verletzt, weil ......

Nunmehr sind beispielhaft die fehlenden Punkte im Rahmen der Aufstellung des Vollzugsplanes aufzuzählen. Es folgt der Satz, dass die Ermessensentscheidung im Rahmen des Vollzugsplanes auf unsachgemäßen Erwägungen beruht, da die Antragsgegnerin nicht alle sachbezogenen Gesichtspunkte berücksichtigt hat. Die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte ergeben sich aus den §§ 1 bis 4 StVollG sowie aus § 7 Abs. 2 StVollG. Der Vollzugsplan regelt daher Umstände, die meiner Person nicht förderlich und demzufolge ungeeignet sind, das Vollzugsziel der Resozialisierung bei mir zu erreichen.

Der Antragsgegner ist demzufolge bei Erstellung des Vollzugsplanes rechtsfehlerhaft vorgegangen.

Sollte dieser Antrag Mängel enthalten, so bitte ich um sachdienliche Hinweise im Rahmen der Fürsorgepflicht des Gerichts.

Unterschrift

Der letzte Satz des Antrages beinhaltet die Pflicht des Gerichts im Rahmen der Fürsorgepflicht dem Antragsteller sachdienliche Hinweise zu geben, um die eventuellen Mängel des Antrages zu beheben (KG NStZ 83, 432).

In der Regel wird nicht der Vollzugsplan als Ganzes anzugehen sein, sondern eher einzelne darin vorgesehene Maßnahmen. Es ist dann wiederum mit dem Verpflichtungsantrag darzulegen, dass das Ermessen des Antragsgegners im Hinblick auf die anzugreifende Maßnahme nicht pflichtgemäß ausgeübt wurde.

Eine fehlerhafte Ermessensausübung ist auch dann gegeben, wenn die Anstalt bei der Planung einer Freiheitsstrafe von über zwei Jahren generell von einer Endstrafe ausgeht und nicht im Einzelfall eine mögliche 2/3 Strafe erwägt.

Selbstverständlich hat der Gefangene einen Anspruch auf Aushändigung des Vollzugsplanes und nicht nur auf mündliche Eröffnung desselben. Dies folgt aus der Notwendigkeit eines abgestimmten Zusammenwirkens aller Beteiligten einschließlich der Gefangenen (§ StVollzG).

Ich hoffe, dass meine Ausführungen für den Einzelnen verständlich und hilfreich sind.

Verfasser: Rechtsanwältin Mäder-Hildebrandt