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Formfallen beim Grundstückskaufvertrag

Nach § 311b I BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Hiervon betroffen sind in erster Linie – aber nicht nur – Grundstückskaufverträge. Wird die gesetzlich vorgeschriebene Form der notariellen Beurkundung nicht eingehalten, ist der abgeschlossene Vertrag formnichtig mit der Folge, dass keine der beiden Vertragsparteien gebunden ist.

I. Zweck der Vorschrift

Während Verträge grundsätzlich formfrei sind, also sowohl schriftlich als auch mündlich wie auch konkludent durch schlüssige Handlungen abgeschlossen werden können, soll dies für den Grundstückskaufvertrag nicht möglich sein. Der Zweck der gesetzlichen Anordnung einer bestimmten Form – hier der notariellen Beurkundung – ist folgender:

  • Der beurkundende Notar soll die Möglichkeit der Warnung und Beratung (beider Vertragsparteien) haben. Ein Grundstückskaufvertrag ist regelmäßig das umfangreichste Rechtsgeschäft, das ein Normalbürger in seinem Leben tätigt. Es soll dementsprechend gewährleistet sein, dass er von den Risiken eines solchen Geschäfts gewarnt und hinsichtlich der Abwicklung und des Abschlusses eines solchen Geschäfts auch vernünftig beraten wird.
  • Mit der notariellen Beurkundung soll eine Gültigkeitsgewähr erreicht werden. Durch die Einschaltung eines Fachmannes sollen rechtliche Klippen umschifft werden können, die zur Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts geführt hätten.
  • Wegen der wirtschaftlichen Bedeutung des Rechtsgeschäfts soll auch eine Beweissicherung ermöglicht werden. Mündliche Kaufverträge sind außerhalb des Grundstücksrechts zwar ebenfalls wirksam, hier kann dann aber Streit über den Inhalt des Rechtsgeschäfts entstehen. Bei einer notariellen Beurkundung ist dies regelmäßig ausgeschlossen.

II. Umfang des Formerfordernisses

Die Vorschrift des § 311b I BGB ist eindeutig gefasst. Dennoch entstehen in der Praxis häufig Probleme hinsichtlich der nachstehenden Fallgruppen.

1. Problem: Grundstücksbegriff

Die notarielle Form ist zwingend angeordnet für alle Formen von Grundstücken, also für bebaute und unbebaute, für Einfamilienhausgrundstücke wie für Mehrparteienobjekte, für gewerbliche Objekte wie für Objekte zur Wohnnutzung. Umfasst vom Formzwang sind auch das Wohnungseigentum und das Erbbaurecht sowie im Ausland gelegene Grundstücke, wenn die Beurkundung im Inland stattfindet. Auch wenn Miteigentumsanteile übertragen werden gilt der Formzwang. Werden Gesellschaftsanteile übertragen an einer Gesellschaft, deren Vermögen im Wesentlichen aus Grundstücken besteht, gilt der Formzwang nicht, weil der Grundstückserwerb nicht unmittelbar Vertragsgegenstand ist.

2. Problem: Falschbeurkundung

Beurkunden Verkäufer und Käufer bewusst etwas Unrichtiges, ist die Beurkundungsform nicht eingehalten mit der Folge, dass das Rechtsgeschäft insgesamt nichtig ist.

Beispiel:

V und K einigen sich über einen Kaufpreis in Höhe von 500.000,00 € für ein Grundstück. Ein Teil in Höhe von 200.000,00 € wird „schwarz“ an den Verkäufer gezahlt, über einen Kaufpreis von 300.000,00 € wird die notarielle Beurkundung gefertigt.

Sämtliche Vereinbarungen sind in diesem Fall nichtig:

Das von den Parteien Gewollte (Kauf zu 500.000,00 €) ist nicht beurkundet. Das von den Parteien Beurkundete (Kauf zu 300.000,00 €) ist nicht gewollt. Formwirksam wird die Vereinbarung über die Zahlung von 500.000,00 € erst dann, wenn die Eintragung des K im Grundbuch erfolgt ist. Beide Parteien haben sich der Steuerhinterziehung und der Beihilfe hierzu (zumindest Grunderwerbsteuer) strafbar gemacht.

Danach ist besonders darauf zu achten, dass das von den Parteien wirklich Gewollte auch notariell beurkundet wird. Der Notar hat den Willen der Parteien zu erforschen und niederzulegen.

3. Problem: Aufhebung und Änderung

Es kommt vor, dass die Parteien nach Abschluss eines notariellen Kaufvertrages diesen wieder aufheben oder Änderungen vornehmen wollen. Es fragt sich, ob auch für die Aufhebung eines Vertrages oder für die Änderungen die notarielle Form erforderlich ist oder ob dies schriftlich oder mündlich geschehen kann.

Beim Aufhebungsvertrag kommt es auf Folgendes an:

  • Ist nach Abschluss des Kaufvertrages die Vormerkung noch nicht beantragt oder eingetragen, ist die Aufhebung des Grundstückskaufvertrages formfrei möglich.
  • Ist nach Abschluss des Kaufvertrages der Eigentumswechsel im Grundbuch bereits eingetragen, ist ebenso unstreitig die Aufhebung des Vertrages formbedürftig (notarielle Form), weil nunmehr eine Pflicht zur Rückübereignung des Grundstücks begründet wird.
  • Zweifelhaft sind nur die Fälle, in denen nach Eintragung der Vormerkung aber vor Eigentumsumschreibung eine Aufhebung des Vertrages erfolgen soll. In der Praxis wird man hier im Regelfall eine formfreie Aufhebung durchführen können, Einzelheiten sind aber in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

Die Änderung eines Grundstückskaufvertrages ist grundsätzlich formbedürftig. Dabei ist gleichgültig, ob es sich um wesentliche oder unwesentliche Änderungen handelt.

Zum Beispiel:

  • Herabsetzung oder Erhöhung des Kaufpreises ist formbedürftig
  • Vorverlegen oder Hinausschieben der Übergabe ist formbedürftig
  • Stundungsabreden hinsichtlich des Kaufpreises sind formbedürftig
  • Erschwerung des Rücktrittsrechts ist formbedürftig

Achtung: Bei nicht eingehaltener Form beschränkt sich die Nichtigkeit auf die Änderungsvereinbarung, lässt also die Wirksamkeit der ursprünglichen Vereinbarung unberührt.

Von der Formbedürftigkeit der Änderungsvereinbarung gibt es folgende drei Ausnahmen:

1. Formfrei ist die Änderungsvereinbarung, wenn die Veräußerungs- oder Erwerbspflicht weder unmittelbar noch mittelbar verengt oder erweitert wird.

Beispiel:

Verlängerung der Frist für ein vertragliches Rücktrittsrecht

2. Formfrei ist die Änderung des Vertrages, wenn sie lediglich der Behebung von Abwicklungsschwierigkeiten dient.

Beispiel:

  • Festlegung eines anderen Zahlungsweges
  • Übernahme von Verbindlichkeiten
  • Kurzfristige Stundung
  • Vereinbarung über Rechts- oder Sachmängel

3. Schließlich bedürfen solche Änderungen nicht der Form, die nach der Auflassung vorgenommen werden. Hier kommt es dann im Einzelfall darauf an, ob der Notar bereits mit dem Grundstückskaufvertrag die Auflassung (d.h. die dingliche Einigung über den Eigentumsübergang) mitbeurkundet hat oder nicht. Der Grund dieser Ausnahme liegt darin, dass mit der Auflassung die Übereignungsverpflichtung des Verkäufers bereits erfüllt und nur noch die Eintragung im Grundbuch zur Vollendung des Rechtserwerbs erforderlich ist. Der Änderungsvertrag betrifft dementsprechend keine Pflicht auf Übereignung des Grundstücks, da diese Pflicht bereits erfüllt ist. Für die Praxis bedeutet dies, dass bei Mitbeurkundung der Auflassung im Grundstückskaufvertrag praktisch jede Änderung des Grundstückskaufvertrages formfrei bleibt.

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Verfasser: Rechtsanwalt und Notar Dr. Hildebrandt