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Schrott-Immobilien?

Der Notar bekleidet ein öffentliches Amt. Die zwingende Einschaltung eines Notars für einen Grundstückskaufvertrag soll Gewähr bieten für die rechtliche Absicherung der Vertragsbeteiligten und für die richtige Umsetzung der Wünsche von Verkäufer und Käufer in juristisch korrekte Regelungen. Die Einschaltung eines Notars bei Grundstückskaufverträgen soll auch vor übereilten Entscheidungen schützen.

Der Notar hat danach dafür Sorge zu tragen, dass sich die nach Grundbucheinsicht ergebenden Risiken beherrschbar halten, dass der Verkäufer nicht sein Grundstück verliert, ohne den gewünschten Kaufpreis zu erhalten und der Käufer nicht den Kaufpreis zahlt, ohne dass eine Übereignung des Grundstücks zu den vereinbarten Vertragsmodalitäten auf ihn sicher ist. Hierzu erstellen Notare ihre eigenen Vertragsmuster, die allerdings immer wieder der neueren Rechtsprechung angepasst werden und vor allen Dingen auch der konkreten rechtlichen Situation des Grundstücks.

Unterlaufen dem Notar hier Fehler und entstehen Schäden bei Verkäufer und Käufer, haftet der Notar im Regelfall für die entstehenden Schäden.

In der Öffentlichkeit wird der Notar als Garant für alle Belange von Verkäufer und Käufer wahrgenommen, was so allerdings nicht zutreffend ist. In einigen Bereichen kann der Notar Verkäufer und Käufer keine Sicherheit bieten, dies sind vor allen Dingen die folgenden:

1) Der Notar kann und darf die wirtschaftlichen Gesichtspunkte eines Grundstückskaufvertrages nicht überprüfen. Es wird dementsprechend nicht überprüft, ob der Kaufpreis angemessen oder ob er überhöht oder zu niedrig ist. Auch die Bonität und Zuverlässigkeit des jeweiligen Vertragspartners kann der Notar nicht garantieren. Weder die Höhe des Kaufpreises noch die Bonität und die Zuverlässigkeit des Vertragspartners darf der Notar auch von sich aus in Zweifel ziehen, wenn er nicht hierfür Anhaltspunkte hat und darf sich hierzu auch in den Prozess der Willensbildung der Parteien nicht einschalten und Einfluss nehmen. Der Notar ist zur Neutralität unter den Parteien verpflichtet und jede andere Vorgehensweise würde ein Dienstvergehen darstellen. Käufer und Verkäufer müssen daher wissen, dass der Notar ihnen hier keine Gewähr bieten kann. Sollten Zweifel an der Höhe des Kaufpreises bestehen, müsste ein Verkehrswertgutachten eingeholt werden. Dieser Gesichtspunkt ist in letzter Zeit durch die Presse gegangen unter dem Begriff „Verkauf von Schrottimmobilien“. Wenn nicht weitere Indizien hinzutreten, kann ein Notar im Regelfall nicht beurteilen, ob es sich um einen weit überhöhten Kaufpreis handelt. Bestimmte Indizien sollten allerdings einen Käufer stutzig machen:

  • Es wird bei der Beurkundung sehr auf das Tempo gedrückt. Schon nach einer Erstbesichtigung soll unmittelbar am nächsten Tag oder einige Tage später eine Beurkundung erfolgen.
  • Vor der Beurkundung erhält der Käufer keinen Entwurf des Notars und kann sich daher hiermit nicht auseinandersetzen.
  • Die Bewerbung der Immobilie erfolgt per Telefon und / oder ausschließlich unter Berücksichtigung von Steuervorteilen.
  • Der Kaufvertrag wird nicht in Anwesenheit des Verkäufers abgeschlossen, sondern „aufgesplittet“ in ein bindendes Angebot des Käufers und eine nachfolgende Annahme durch den Verkäufer.

Das Problem liegt darin, dass sämtliche der vorgenannten Maßnahmen bei einem Kaufvertrag durchaus zulässig sind und auch die Summe aller Maßnahmen nicht zwingend darauf hinweist, dass es sich um den Verkauf einer „Schrottimmobilie“ handelt. Wenn einige dieser Indizien vorliegen, sollte man sich aber als Käufer unbedingt den Rat Dritter einholen, weil der Notar diese Umstände nicht zu überprüfen hat und dementsprechend für den Käufer auch nichts tun kann.

Es kann sich auch empfehlen, mit dem Notar, der den Vertrag beurkunden soll, vor der Beurkundung noch einmal Rücksprache zu halten, sei es telefonisch oder auch in einem Vorbesprechungstermin. Seriöse Notare sind hierzu selbstverständlich bereit.

2) Ein Notar muss auch nicht die steuerlichen Folgen des Grundstückskaufvertrages von sich aus beurteilen und Warnhinweise geben. Verkäufer und Käufer sind dementsprechend gehalten, solche Steuerfolgen selbst zu bedenken und gegebenenfalls durch einen Steuerberater oder Fachanwalt für Steuerrecht überprüfen zu lassen. Diese Gesichtspunkte spielen vor allen Dingen eine Rolle bei folgenden Fallkonstellationen:

  • Beim Verkäufer, wenn er ein fremdgenutztes Objekt innerhalb der Zehn-Jahres-Frist veräußert („Spekulationsgewinn“)
  • Beim Käufer, wenn mit dem Erwerb der Immobilie angeblich Steuervorteile verbunden sein sollen,
  • Beim Erwerb eines gewerblichen Objekts, wenn Fragen der Umsatzsteuer auftreten

3) Der Notar prüft auch nicht die Finanzierbarkeit der Immobilie und berät den Käufer nicht zu Finanzierungsfragen. Dementsprechend muss der Käufer selbst dafür Sorge tragen, dass seine Finanzierung „steht“, sei es durch Belegung des Kaufpreises vollständig aus Eigenmitteln, sei es durch Aufnahme eines Bankkredits zur vollen Finanzierung oder teilweisen Finanzierung des Kaufpreises. Wenn die Finanzierung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages noch nicht ganz sicher ist, sollte ein Rücktrittsvorbehalt für den Käufer aufgenommen werden für den Fall, dass die Finanzierung scheitert. Das Rücktrittsrecht sollte aber im Interesse des Verkäufers auf wenige Wochen begrenzt bleiben. Wenn ein Finanzierungsvertrag schon bindend abgeschlossen wird, bevor der Kaufvertrag abgeschlossen ist, tut sich eine weitere Lücke auf: Wenn der Abschluss des Kaufvertrages aus irgendwelchen Gründen scheitert, ist der Käufer dennoch zur Abnahme des Darlehens verpflichtet und gegebenenfalls zur Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung. Das Darlehen darf also noch nicht bindend geworden sein, bevor nicht der Kaufvertrag abgeschlossen wird. Dies lässt sich in vielen Fällen durch das 14-tägige Widerrufsrecht bei Darlehensverträgen bewerkstelligen.

Man kann den Notar auch gezielt auf dieses Finanzierungsproblem hinweisen und der Notar wird dann Lösungen vorstellen. Von sich aus hat der Notar aber solche Fragen nicht zu stellen.

Verfasser: Dr. Klaus F. Hildebrandt, Rechtsanwalt und Notar in Berlin