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Das Ehegattentestament

1. Allgemeines

Das Ehegattentestament, juristisch zutreffend gemeinschaftliches Testament genannt, kann nur von Ehegatten oder von eingetragenen Lebenspartnern errichtet werden.

Es gibt hierbei immer zwei Verfügungen, nämlich eine Verfügung des einen Ehegatten und eine Verfügung des anderen Ehegatten.

Im Gegensatz zum Erbvertrag handelt es sich ausschließlich um eine Verfügung von Todes wegen. Das Ehegattentestament hat damit keinen vertraglichen Charakter.

Inhalt eines gemeinschaftlichen Testamentes ist es, dass jeder Ehegatte bzw. Lebenspartner seine letztwillige Verfügung erstellt und diese jeweilige Verfügung auf einem gemeinsamen Willensentschluss beruht.

Anmerkung:
Sofern nachfolgend von Ehegatten die Rede ist, ist damit auch immer gleichzeitig der Lebenspartner gemeint.

2. Voraussetzungen des Ehegattentestaments

Ein gemeinschaftliches Testament nur von Ehegatten errichtet werden.

Wird die Ehe geschieden, wird das gemeinschaftliche Testament seinem ganzen Inhalt nach unwirksam, es sei denn, es ist ein anderer Wille der Ehegatten anzunehmen.

Das Ehegattentestament kann als privatschriftliches, eigenhändiges Testament verfasst werden. Hierbei genügt es, wenn einer der Ehegatten das Testament eigenhändig schreibt und unterschreibt und der andere Ehegatte das gemeinschaftliche Testament ebenfalls eigenhändig unterzeichnet.

Möglich ist aber auch, dass jeder der Ehegatten das gemeinschaftliche Testament eigenhändig errichtet und jeder Ehegatte selbst seine Verfügungen trifft.

Beispiel:
Die Ehegatten wollen ein gemeinschaftliches Testament errichten. Der Ehemann schreibt zunächst seine letztwilligen Verfügungen auf und unterschreibt diese. Im Anschluss schreibt auch die Ehefrau auf demselben Dokument ihr Testament und unterschreibt das Testament ebenfalls.

Ein gemeinschaftliches Testament kann auch vor einem Notar errichtet werden (als öffentliches Testament). Hierbei gelten die allgemeinen Voraussetzungen.

Wichtig ist bei einem Ehegattentestament, dass der eine Ehegatte die Verfügungen des anderen Ehegatten kennt.

3. Inhalt des Ehegattentestaments

Alles, was Inhalt einer normalen Verfügung von Todes wegen sein kann, kann auch Inhalt eines gemeinschaftlichen Testaments sein.

Bedeutsam bei einem Ehegattentestament ist aber vor allem Begriff der "Wechselbezüglichkeit".

Wechselbezügliche Verfügungen liegen dann vor, wenn die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen Ehegatten getroffen worden wäre (§ 2270 BGB).

Ob eine Wechselbezüglichkeit tatsächlich gegeben ist, hängt davon ab, wie die Verfügungen der Ehegatten auszulegen sind.

Wenn also die eine Verfügung nicht ohne die andere getroffen worden wäre, liegt eine Wechselbezüglichkeit vor.

Beispiel in der Praxis ist die gegenseitige Erbeinsetzung der Ehegatten, bei der also jeder Ehegatte den anderen als seinen Erben einsetzt und diese Einsetzung nur deshalb geschieht, weil eben auch der andere Ehegatte den anderen Ehegatten als seinen Erben bestimmt.

Ein weiteres Beispiel liegt vor, wenn sich die Ehegatten zunächst selbst als Alleinerben einsetzen und nach dem Tod des überlebenden Ehegatten eine dritte Person als Erbe (sogenannter Schlusserbe) benannt wird.

Beispiel:
Die Ehegatten, M und F, bestimmen in ihrem gemeinschaftlichen Testament, dass der jeweilige Ehegatte zunächst Alleinerbe sein soll. Nach dem Tod des überlebenden Ehegatten sollen dann die gemeinsamen Kinder A, B und C Erben des noch vorhandenen Nachlasses werden.

Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass ein gemeinschaftliches Ehegattentestament auch ohne wechselbezügliche Verfügungen errichtet werden kann, wenn beispielsweise die Erbeinsetzung des einen Ehegatten nicht unter der Bedingung steht, dass auch der andere Ehegatte einen selbst als Erben einsetzt.

In der Praxis ist mitunter schwierig zu beurteilen, ob und welche Verfügungen eine Wechselbezüglichkeit aufweisen sollen. Es ist daher zu empfehlen, konkret anzugeben, ob eine Verfügung wechselbezüglich sein soll oder eben nicht.

4. Das Berliner Testament

Ehegatten bezeichnen ihr gemeinschaftliches Testament oft als "Berliner Testament".

Das Berliner Testament ist in § 2269 BGB geregelt, wobei die heutige Überschrift "Gegenseitige Einsetzung" lautet.

Inhalt eines Berliner Testaments ist, dass sich die Ehegatten zunächst gegenseitig als Erben einsetzen und eine dritte Person, in der Regel die eigenen Kinder oder auch Stiefkinder, als Erben des überlebenden Ehegatten bestimmen.

In der Praxis werden bei einem Berliner Testament zwei Arten unterschieden. Es kommt zunächst in Betracht, dass der eine Ehegatte den überlebenden Ehegatten als "Vorerben" einsetzt mit der Folge, dass die dritte Person, bspw. die Kinder, "Nacherben" des zuerst versterbenden Ehegatten sind. Man spricht dann von dem sogenannten "Trennungsprinzip".

Wird der überlebende Ehegatte nur Vorerbe, hat er auch die damit verbundenen Verfügungsbeschränkungen eines Vorerben zu beachten. Beispielsweise ist der Vorerbe nicht ohne ausdrückliche Genehmigung des Erblassers befugt, Grundstücke zu veräußern.

Zu beachten ist weiterhin, dass nur bezüglich des Nachlasses des zuerst versterbenden Ehegatten die Vorerbschaft besteht. Bezüglich des eigenen Vermögens des überlebenden Ehegatten wird der Nacherbe später Vollerbe.

Als zweite Variante eines Berliner Testaments kommt in Betracht, dass der überlebende Ehegatte "Vollerbe" werden soll. Der gesamte Nachlass des zuerst versterbenden Ehegatten geht damit auf den überlebenden Ehegatten über. Dieser kann daher mit dem gesamten Nachlass so verfahren, wie er es für richtig hält, also beispielsweise auch Grundstücke veräußern oder Schenkungen vornehmen.

Stirbt der überlebende Ehegatte geht dann der gesamte Nachlass (also der Nachlass des zuerst verstorbenen Ehegatten und der Nachlass des überlebenden Ehegatten) im Ganzen auf den Schlusserben über (sogenannte "Einheitslösung").

In der Regel dürfte in der Praxis die Einheitslösung gewollt sein, also die Alleinerbenstellung des überlebenden Ehegatten und die Schlusserbeinsetzung der dritten Person, beispielsweise der gemeinsamen Kinder. Hiervon geht auch § 2269 BGB aus, der in Zweifelsfällen die "Einheitslösung" heranzieht.

Ob für den jeweiligen Einzelfall die Einheits- oder die Trennungslösung gewählt werden soll, bedarf einer eingehenden Beratung und kann nicht allgemein entschieden und festgelegt werden. Vorsicht ist allerdings bei den verwandten Begrifflichkeiten geboten. Oft wünschen die Ehegatten die Einheitslösung, verwenden aber gleichwohl die Begriffe des "Vor- und Nacherben", anstatt des Alleinerben und des Schlusserben.

5. Widerruf des Ehegattentestaments

Haben die Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet und hierbei wechselbezügliche Verfügungen getroffen, besteht eine Verbindung der einen Verfügung mit der anderen Verfügung.

Zwar kann jeder Ehegatte zu Lebzeiten des einen Ehegatten einseitig seine wechselbezügliche Verfügung widerrufen. Voraussetzung ist aber hierbei, dass dieser Widerruf notariell beurkundet wird und dass der Widerruf dem anderen Ehegatten auch zugeht.

Dem anderen Ehegatten soll so die Möglichkeit eingeräumt werden, auch die eigene Verfügung aufzuheben und eine neue Verfügung zu treffen.

Das Widerrufsrecht erlischt allerdings mit dem Tod des anderen Ehegatten. Stirbt also einer der Ehegatten, ist der andere, überlebende Ehegatten an die gemeinsame Verfügung gebunden. Er kann die Verfügung später nicht mehr abändern.

Beispiel:
Die Ehegatten verfassen ein gemeinschaftliches Ehegattentestament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben und die beiden, gemeinsamen Kinder zu Schlusserben einsetzen. Nach dem der Ehemann verstorben ist, kommt es zu einem Streit mit den Kindern. Die Ehefrau möchte nunmehr, dass nach ihrem Tod ihre beste Freundin Alleinerbin sein soll. Sie verfasst daher ein neues Testament. Aufgrund des wechselbezüglichen Ehegattentestaments ist die neue Verfügung allerdings unwirksam. Die beste Freundin kann daher nicht Erbin werden.

Eine Ausnahme besteht dann, wenn der überlebende Ehegatte das ihm zugewendete, also die Erbschaft, ausschlägt. Dann ist er an die wechselbezügliche Verfügung nicht mehr gebunden. Er wird dann aber auch nicht Erbe des anderen Ehegatten. Da die Ausschlagungsfrist auch nur sechs Wochen beträgt, findet eine solche Ausschlagung in der Praxis kaum statt.

6. Zusammenfassung

In der Praxis ist bei Ehegatten das Ehegattentestament sehr verbreitet und beliebt. Insbesondere die Möglichkeit, zunächst den eigenen Ehegatten als Alleinerben einzusetzen und dann bezüglich des gemeinschaftlichen Nachlasses eine dritte Person, insbesondere die eigenen Kinder einzusetzen, wird oft als angemessene Verfügung von Todes wegen angesehen.

Zu beachten ist aber vor allem die Bindung an das Ehegattentestament, wenn einer der Ehegatten verstorben ist. Liegen wechselbezügliche Verfügungen in Form von Erbeinsetzungen vor, ist der überlebende Ehegatte hieran gebunden. Es ist ihm dann nicht mehr möglich, später abändernde Vereinbarungen zu treffen. Jeder Ehegatte sollte daher im Vorfeld eines gemeinschaftlichen Testaments prüfen, ob es Situationen geben kann, in denen eine Abänderung sinnvoll wäre. So wäre beispielsweise bei Ehegatten, die einen erheblichen Altersunterschied aufweisen, zu prüfen, ob für diese tatsächlich das Ehegattentestament sinnvoll ist oder ob es Alternativen gibt, um auf zukünftige Sachverhalte angemessen reagieren zu können.

Verfasser: Rechts­an­walt und No­tar B. Mette