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Ge­setz­li­che Erbfolge und Verfügungen von Todes wegen

1. Einführung

Das Bürgerliche Gesetzbuch bietet im Erbrecht 2 Varianten von Erbmöglichkeiten:

Der Erblasser hat zunächst die Möglichkeit, durch eine Verfügung von Todes wegen seinen Nachlass zu verteilen. Hierbei ist er in seiner Entscheidung vollständig frei, wobei in der Praxis in der Regel die Familienangehörigen oder eine nahestehende Person bedacht werden. Eine Verfügung von Todes wegen liegt beispielsweise dann vor, wenn der Erblasser durch ein Testament die Erbfolge geregelt hat.

Hat der Erblasser keine Verfügung von Todes wegen getroffen, greift die gesetzliche Erbfolge ein. Das bedeutet, dass dann anhand der Vorgaben im Bürgerlichen Gesetzbuch überprüft wird, wer Erbe geworden ist.

Zu beachten ist außerdem, dass es immer einen Erben geben muss. Selbst wenn keine Person als Erbe benannt worden ist und sich auch kein gesetzlicher Erbe auffinden lässt oder alle möglichen Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben, gibt es einen Erben. Dann kommt das gesetzliche Erbrecht des Staates (§ 1936 BGB) zur Anwendung. Danach erbt das Bundesland, in dem der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen konkreten Wohnsitz hatte. Allerdings muss das Bundesland nicht auch die Schulden des Verstorbenen mitübernehmen.

2. Das gesetzliche Erbrecht

Zunächst ist nochmals zu betonen, dass das gesetzliche Erbrecht nur zur Anwendung kommt, wenn der Verstorbene keine Ver­fü­gung von To­des wegen, also beispielsweise kein Testament, errichtet hat.

Das deutsche Erbrecht ist ein Verwandtenerbrecht. Das bedeutet, dass als gesetzlicher Erbe nur die Verwandten des Erblassers in Betracht kommen.

Eine wichtige Ausnahme gibt es aber für den Ehegatten. Auch dieser kann neben den Verwandten gesetzlicher Erbe werden.

Weiterhin ist zu beachten, dass im Bürgerlichen Gesetzbuch eine Rangfolge der Verwandten des Verstorbenen geregelt worden ist, im BGB "Erbfolge nach Ordnungen" genannt.

Erben der ersten Ordnung sind nach § 1924 BGB die Kinder (Abkömmlinge) des Erblassers. Gesetzliche Erben sind auch uneheliche Kinder. Kinder erben stets zu gleichen Teilen.

Sind Abkömmlinge (Kinder) des Erblassers vorhanden, sind damit sämtliche weitere Verwandten des Erblassers von der Erbfolge ausgeschlossen. So können also beispielsweise die Eltern des Erblassers oder auch dessen En­kel in diesem Fall nicht gesetzlicher Erbe werden.

Zu beachten ist aber auch, dass Abkömmlinge von Abkömmlingen, also die Enkel des Verstorbenen, dann gesetzliche Erben werden, wenn das eigene Kind des Verstorbenen (Sohn oder Tochter) nicht mehr lebt.

Beispiel:
Der Erblasser hat zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn ist vor­ver­stor­ben, wo­bei der Sohn zwei ei­ge­ne Kinder hinterlassen hat (= Enkelkinder des Erblassers).
Gesetzliche Erben sind daher die Tochter zu 1/2 und die Enkelkinder zu je 1/4.

Sind keine Abkömmlinge vorhanden, auch keine unehelichen oder adoptierten Kinder, greift die zweite Ordnung ein. Danach sind gesetzliche Erben die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (also die Geschwister des Verstorbenen).

Sind die Eltern be­reits verstorben, so treten an deren Stelle al­lein die Geschwister des Erblassers.

Beispiel:
Der Erblasser hatte keine Kinder. Der Vater des Erblassers ist bereits verstorben. Die Mutter lebt allerdings noch. Der Erblasser hat zwei Geschwister, eine Schwester und einen Bruder.

Die Mutter wird Erbin zu 1/2. Für den Vater, der bereits verstorben ist, werden dessen zwei Kinder Erbe zu je 1/4.

Sofern weder Erben der ersten, noch Erben der zweiten Ordnung vorhanden sind, greift das gesetzliche Erbrecht der dritten Ordnung ein. Danach sind gesetzliche Erben die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Allerdings kommt eine Erbschaft nach der dritten Ordnung in der Praxis kaum vor.

Vorsorglich gibt es im Bürgerlichen Gesetzbuch darüber hinaus noch das Erbrecht der vierten Ord­nung und das Erbrecht der ferneren Ordnungen. Eine Praxisrelevanz ist hier aber nicht vorhanden.

Praxisrelevant ist demgegenüber das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten. Der überlebende Ehegatte des Erblassers, der mit dem Verstorbenen im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat (was in Deutschland der Regelfall ist), wird neben den Verwandten der ersten Ordnung (Abkömmlinge = Kinder) Er­be zu 1/4.

Sofern keine eigenen Abkömmlinge vorhanden sind, wird der überlebende Ehegatte neben den Verwandten der zweiten Ordnung (Eltern und Geschwister des Erblassers) zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen.

Zu beachten ist weiterhin, dass der überlebende Ehegatte einen "zusätzlichen Erbteil" von 1/4 aus den familienrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 1371 BGB) erhält, sofern die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten.

Beispiel 1:
Der Ehemann verstirbt. Er hinterlässt eine Ehefrau und zwei Kinder. Die Ehegatten lebten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

Gesetzliche Erben werden die Ehefrau zu 1/2 und die beiden Kinder zu je 1/4.

Anmerkung:
Die Ehefrau wird gesetzliche Erbin zu 1/4 aus den erbrechtlichen Vorschriften und zu 1/4 aus den familienrechtlichen Vorschriften, also insgesamt zu 1/2.

Beispiel 2:
Die Ehefrau verstirbt. Sie hinterlässt einen Ehemann und vier Kinder. Auch hier lebten die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

Bei dieser Variante wird der Ehegatte (Ehemann) gesetzlicher Erbe zu 1/2. Die vier Kinder erhalten die andere Hälfte und werden damit Erbe zu je 1/8.

Beispiel 3:
Der Ehemann verstirbt. Es sind keine Kinder vorhanden. Die Ehegatten lebten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Beide Eltern des Ehemannes leben noch.

Nach der gesetzlichen Vorgabe wird die Ehefrau zu 1/2 gesetzlicher Erbe. Hinzu kommt 1/4 aufgrund der familienrechtlichen Vorgabe. Folge ist, dass die Ehefrau zu 3/4 Erbin wird.

Das 4. Viertel geht auf die Erben der zweiten Ordnung über, so dass bei diesem Beispiel die Eltern des verstorbenen Ehemannes zu je 1/8 gesetzliche Erben werden.

Anmerkung:
Oft wird in der Praxis übersehen, dass der Ehegatte, sofern keine Kinder vorhanden sind, nur zu 3/4 Erbe wird. Sofern noch die Eltern des Erblassers oder dessen Geschwister leben, erhalten diese den Erbteil von 1/4. Den Ehegatten ist daher zu raten, ein Testament zu errichten und damit, sofern dies gewünscht ist, die Eltern und Geschwister von der Erfolge auszuschließen.

Beispiel 4:
Die Ehefrau verstirbt. Gemeinsame Kinder sind nicht vorhanden. Der Ehemann hat aber aus einer vorehelichen Beziehung einen Sohn. Die Ehegatten lebten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die Eltern der Ehefrau sind vorverstorben. Es lebt noch eine Schwester der Ehefrau.

Da die Ehefrau keine eigenen Kinder hatte (der Sohn des Ehemannes bleibt unberücksichtigt, da er nicht von der Ehefrau abstammt) wird der Ehemann wiederum zu 3/4 gesetzlicher Erbe (2/4 gemäß der erbrechtlichen und 1/4 ge­mäß der familienrechtlichen Regelungen). Das 4. Viertel fällt der Schwester der Ehefrau zu.

3. Verfügung von Todes wegen (gewillkürte Erbfolge)

Hat der Verstorbene vor seinem Tod ein Testament oder einen Erbvertrag errichtet, also, eine Verfügung von Todes wegen hinterlassen, hat diese Verfügung Vorrang vor der gesetzlichen Erbfolge. Man spricht dann auch von einer gewillkürten Erbfolge, also einer Erbfolge, die nach dem Willen des Erblassers bestehen soll.

Wenn der Erblasser die gesetzliche Erbfolge ausschließen will, muss er eine solche Verfügung treffen, eben ein Testament oder einen Erbvertrag errichten. Da in der Praxis oftmals der Wunsch besteht, dass eine bestimmte oder mehrere bestimmte Personen Erben wer­den, ist die Errichtung einer solchen Verfügung von Todes wegen notwendig.

Dieser Umstand ist in der Praxis auch bekannt. Problematisch wird es allerdings dann, wenn Verfügungen von Todes wegen errichtet werden, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.

Jeder Erblasser sollte sich daher vor der Errichtung eines Testaments genau darüber informieren, welche Form, welchen Inhalt, welche konkreten Formulierungen ein Testament enthalten muss, damit es wirksam ist und beim späteren Erbfall den Willen des Erblassers auch tatsächlich widerspiegelt.

Ein Erb­ver­trag kann dem­ge­ge­nü­ber nur vor ei­nem No­tar er­rich­tet wer­den.

Verfasser: Rechts­an­walt und No­tar B. Mette