Home Impressum

Der Erbvertrag

Der Erbvertrag stellt eine Verfügung von Todes wegen dar. In der Praxis kommt es insbesondere dann zum Abschluss eines Erbvertrages, wenn sich der Erblasser an seine Erklärungen fest binden will und er diese Bindung gegenüber einer (oder mehreren) weiteren Person ausspricht.

1. Allgemeines zum Erbvertrag

Der Erbvertrag weist eine Doppelnatur auf.

Zunächst enthält der Erbvertrag eine erbrechtliche Verfügung, also eine Erbeinsetzung oder eine sonstige erbrechtliche Erklärung zugunsten einer oder mehrerer Personen. Andererseits weist er auch die Elemente eines Vertrages auf und kann daher Rechte und Pflichten begründen (Leistung und Gegenleistung).

Der Erbvertrag ist damit ein tatsächlicher Vertrag, der auch entsprechende Wirkungen auslöst. Insbesondere ist der Erblasser an die getroffenen Regelungen gebunden. Bei einem Erbvertrag scheidet die freie Widerrufbarkeit aus.

Der Erblasser bleibt aber auch nach Abschluss eines Erbvertrages grundsätzlich frei, über die zu seinem Vermögen gehörenden Gegenstände zu verfügen. Durch den Abschluss eines Erbvertrages ist der Erblasser daher nicht gehindert, sein Vermögen weiterhin zu verwerten und zu nutzen.

2. Voraussetzungen für den Abschluss eines Erbvertrages

Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht vor, dass der Erbvertrag von dem Erblasser nur persönlich geschlossen werden kann.

Erforderlich ist eine unbeschränkte Geschäftsfähigkeit der Vertragsparteien. Die bloße Testierfähigkeit, die bei der Errichtung eines Testaments ausreichend ist, genügt für den Abschluss eines Erbvertrages nicht.

Des weiteren sieht das BGB vor, dass der Erbvertrag nur vor einem Notar bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile geschlossen werden kann.

Nach Abschluss des Erbvertrages wird dieser in der Regel zur amtlichen Verwahrung beim Nachlassgericht eingereicht.

3. Arten von Erbverträgen

In der Regel werden zwei Arten von Erbverträgen unterschieden:

Im einseitigen Erbvertrag trifft nur der Erblasser eine Verfügung von Todes wegen. Der andere Teil nimmt die Erklärung lediglich an und verpflichtet sich bspw. zur Erbringung von Leistungen unter Lebenden.

Beispiel:
Der Erblasser erklärt im Erbvertrag, dass Erbe seine Tochter sein soll. Die Tochter wiederum verpflichtet sich im Erbvertrag dazu, den Erblasser bis zu seinem Tode zu pflegen. Hier liegt nur eine einseitige, erbrechtliche Verfügung vor. Die vereinbarte Pflege ist eine lebzeitige Verpflichtung.

In einem zweiseitigen Erbvertrag wird demgegenüber von beiden Vertragsseiten eine Verfügung von Todes wegen getroffen.

Beispiel:
Im Erbvertrag setzen zwei Lebensgefährten jeweils den Partner zu ihrem Alleinerben ein.

Weiterhin wird bei Erbverträgen unterschieden, ob es sich um entgeltliche oder unentgeltliche Erbverträge handelt.

Bei dem entgeltlichen Erbvertrag soll der Erblasser wegen der von ihm abgegebenen, erbrechtlichen Erklärung eine bestimmte Gegenleistung erhalten. Im Fall der Unentgeltlichkeit wird eine solche Leistung nicht geschuldet.

4. Bindungswirkung

In der Praxis hat der Erbvertrag vor allem wegen seiner Bindungswirkung erhebliche Auswirkungen.

Ist ein wirksamer Erbvertrag geschlossen worden, der auch eine Bindungswirkung entfaltet hat, kann ein solcher Vertrag durch eine spätere Verfügung von Todes wegen nicht mehr aufgehoben werden. Das bedeutet, dass die Vertragsparteien des Erbvertrages an diesen Erbvertrag gebunden sind und nicht durch ein bloßes Testament die Auswirkungen dieses Erbvertrages wieder aufheben können.

Beispiel:
Die in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebenden A und B haben einen Erbvertrag errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu Erben einsetzen. B errichtet später ein Testament, in dem er seinen Sohn C als seinen Erben bestimmt. Nach dem Versterben des B streiten sich A und C darüber, wer Erbe geworden ist. Aufgrund der Bindungswirkung des Erbvertrages konnte B kein wirksames Testament mehr errichten mit der Folge, dass A Alleinerbe des B geworden ist. C steht dann allenfalls ein Pflichtteilsanspruch zu.

Gerade auch wegen der erheblichen Auswirkungen wird ein Erbvertrag vor einem Notar geschlossen, damit die Parteien über die Auswirkungen eines Erbvertrages auch ordnungsgemäß belehrt werden.

Hervorzuheben ist allerdings noch einmal, dass der Erblasser grundsätzlich nicht gehindert ist, zu seinen Lebzeiten über den Nachlass zu verfügen.

Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Erblasser Schenkungen vornimmt mit der Absicht, den Vertragspartner zu benachteiligen. In diesem Fall besteht für den Vertragspartner nach dem Tod des Erblassers die Möglichkeit, von dem Beschenkten die Herausgabe der Schenkung einzufordern. Hier kommt es in der Praxis aber immer wieder zu Problemen, insbesondere dann, wenn die Schenkung an eine dritte Person deshalb erfolgt ist, weil diese Person die Pflege des Erblassers übernommen hat.

5. Aufhebung der Bindungswirkung

Die Bindungswirkung des Erbvertrages entfällt dann, wenn der Erbvertrag durch sämtliche Vertragsparteien aufgehoben wird, beispielsweise durch einen Aufhebungsvertrag.

Ehegatten können einen Erbvertrag auch durch ein gemeinschaftliches Aufhebungstestament aufheben.

Weitere Ausnahmemöglichkeiten von der Bindungswirkung bestehen dann, wenn sich die betroffene Person im Erbvertrag selbst vorbehalten hat, später den Inhalt des Erbvertrages abzuändern oder wenn der Berechtigte der Änderung zustimmt.

Außerdem können sich die Vertragsbeteiligten im Erbvertrag ein Rücktrittsrecht vorbehalten.

Schließlich bietet das Bürgerliche Gesetzbuch dem Erblasser die Möglichkeit von dem Erbvertrag zurückzutreten, wenn sich der Bedachte einer erheblichen Verfehlung schuldig gemacht hat oder der Vertragspartner wiederkehrende Leistungen, wie beispielsweise Unterhalt und Pflege, nicht erbracht hat und daher diese Verpflichtung vor dem Tod des Erblassers aufgehoben wurde.

Es handelt sich bei diesen Voraussetzungen allerdings um komplizierte Sachverhalte, die in der Regel einer anwaltlichen Beratung bedürfen.

Die Rücktrittserklärung bedarf der notariellen Beurkundung.

6. Zusammenfassung

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Abschluss eines Erbvertrages dann in Betracht kommt, wenn sich die Beteiligten bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses binden wollen und diese Bindung unter bestimmte Voraussetzungen stellen. Die Möglichkeiten, die den Vertragsbeteiligten hierbei eröffnet werden, sind vielfältig und können auf die konkreten Vorstellungen und Wünsche der Vertragsbeteiligten ausgerichtet werden.

Der Erbvertrag ist daher vor allem dazu geeignet, Rechtssicherheit zwischen den Vertragsbeteiligten herzustellen und jedem der Beteiligten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses diejenigen Rechte und Pflichten zu verschaffen, die ihm aufgrund des Vertragsabschlusses zustehen sollen.

Vor allem wegen der mit dem Abschluss eines Erbvertrages verbundenen Bindungswirkung ist aber stets zu prüfen, ob der Erbvertrag tatsächlich die geeignete Form ist, um eine erbrechtliche Verfügung zu treffen.

Da diese Prüfung in der Regel einer umfassenden Beratung bedarf, sieht das Gesetz auch die notarielle Beurkundung für den Abschluss des Erbvertrages vor.

Verfasser: Rechts­an­walt und No­tar B. Mette