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Typische Störfälle aus der Praxis

Vorab sei die Bemerkung erlaubt, dass bei einem gut konzipierten und zeitnah abgewickelten Grundstückskaufvertrag in der Regel keinerlei Probleme auftreten. In etwa 5% aller abgewickelten Grundstückskaufverträge gibt es aber Abwicklungs-Störfälle, die nicht vorhersehbar waren. 90% dieser Störfälle lassen sich dann aber durch den Notar lösen. Bei einer verschwindend geringen Anzahl von Kaufverträgen kommt es zu „ernsthaften“ Schwierigkeiten, bei denen das Scheitern des gesamten Vertrages droht. Auch für diese – seltenen – Fälle muss die Vertragskonstruktion so gewählt sein, dass weder Verkäufer noch Käufer zu Schaden kommen.

Wenn im Folgenden solche Störfälle geschildert werden, wird diese Bemerkung voraus geschickt. Der Regelfall ist die ordnungsgemäß, zeitgerechte Abwicklung des Grundstückskaufvertrages. Dennoch fragen häufig Verkäufer und Käufer nach dem „Was wäre wenn...?“, so dass diese Fälle hier behandelt werden sollen.

1. Fall: Zahlungszeitpunkt und damit Übergabezeitpunkt verzögern sich

Wird der Kaufpreis vom Käufer nach Anweisung des Notars direkt an den Verkäufer gezahlt, hängt diese Zahlung von den Sicherungen des Käufers ab. Sicherungen sind hier insbesondere die Gewährleistung / Eintragung der Vormerkung für den Käufer, das Beschaffen von Löschungsunterlagen für Altbelastungen in Abteilung II und III des Grundbuchs, erforderliche Genehmigungen etc.. Der Notar wird im Grundstückskaufvertrag den Zeitpunkt abschätzen, zu dem alle Sicherungsvoraussetzungen für den Käufer vorliegen und er dementsprechend ohne Risiko für den Käufer den Kaufpreis fällig stellen kann. Hier kommt es gelegentlich dazu, dass es unerwartete Schwierigkeiten gibt und der ursprünglich in Aussicht genommene Zahlungszeitpunkt nicht eingehalten werden kann. Damit kann auch der im Vertrag vereinbarte Übergabezeitpunkt nicht gehalten werden, weil zur Sicherheit des Verkäufers im Regelfall die Vereinbarung getroffen ist, dass die Übergabe erst nach Zahlung des Kaufpreises geschuldet ist.

Das Datum der Fälligkeit des Kaufpreises im Kaufvertrag ist daher eine grobe Schätzung des Notars und der Parteien, wann mit dem Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen gerechnet werden kann. Dieser Zeitpunkt kann sich im Einzelfall verzögern.

Lösungsmöglichkeiten:

Wenn von vorneherein klar ist, dass es Verkäufer und Käufer auf einen bestimmten Zahlungszeitpunkt / Übergabezeitpunkt ankommt und die Voraussetzungen zu einer Direktzahlung aller Wahrscheinlichkeit bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorliegen, empfiehlt sich ausnahmsweise die Einschaltung eines Notaranderkontos:

  • Der Käufer kann den Kaufpreis zu einem fest bestimmten Zeitpunkt auf das Notaranderkonto des Notars einzahlen.
  • Da der Kaufpreis insoweit hinterlegt ist, kann der Verkäufer ohne Risiko das Objekt übergeben.
  • Die Auszahlung des Kaufpreises vom Notaran-derkonto erfolgt dann nach Vorliegen sämtlicher Sicherungsvoraussetzungen für den Käufer.

Diese Variante empfiehlt sich allerdings nur dann, wenn die noch fehlenden Voraussetzungen wirklich sicher erlangt werden können. Liegt in den fehlenden Voraussetzungen noch ein Risiko (zum Beispiel die fehlende Genehmigung einer Vertragspartei, die fehlende vormundschaftsgerichtliche Genehmigung etc.) sollte hiervon abgesehen werden: Dem Käufer nützt eine vorzeitige Übergabe nichts, wenn der Vertrag danach wegen fehlender Voraussetzungen rückabgewickelt werden muss.

In Betracht kommt auch, dass man zunächst die Abwicklung ohne Notaranderkonto (ist kostengünstiger und ohnehin der gesetzlich vorgeschriebene Weg) versucht wird. Ist dann absehbar, dass der Termin nicht gehalten werden kann und handelt es sich bei den restlichen beizubringenden Unterlagen praktisch nur um „Formalien“, kann auch nachträglich noch das Notaranderkonto eingeschaltet werden. Diese Lösung hat den Charme, dass zunächst die höheren Kosten des Notaranderkontos („Hebegebühren“) vermieden werden können und das Notaranderkonto dementsprechend erst dann eingeschaltet wird, wenn es wirklich erforderlich ist.

2. Fall: Der Käufer zahlt den Kaufpreis nicht

Nicht sehr häufig, aber doch einmal im Jahr kommt es vor, dass ein Käufer den Kaufpreis nicht zahlt und der Vertrag dementsprechend rückabgewickelt werden muss. Dies kann verschiedene Gründe haben, meist scheitert aber nach Kaufvertragsabschluss die Finanzierung des Kaufvertrages. Eher selten sind die Fälle des „betrügerischen“ Käufers, der von vorneherein nicht vorhatte, den Kaufpreis zu zahlen und hierzu auch nicht in der Lage war.

Selbstverständlich muss der Verkäufer vor dieser Situation geschützt sein. Es muss sichergestellt sein, dass sämtliche Grundbucheintragungen rückabgewickelt werden, wenn der Kaufpreis nicht gezahlt wird. Es muss weiter sichergestellt sein, dass möglichst auch die Kostenbelastung für den Verkäufer gering gehalten wird. Dies alles sieht ein gut konstruierter notarieller Kaufvertrag vor, so dass in der Praxis bei Nichtzahlung des Kaufpreises durch den Käufer folgender Ablauf regelmäßig festzustellen sein wird:

  • Der Verkäufer wird im Regelfall noch einige Zeit zuwarten, sich dann aber gegenüber dem Käufer vom Vertrag lösen.
  • Der Verkäufer wird dem Notar hiervon Mitteilung machen und der Notar löscht die im Grundbuch eingetragene Vormerkung für den Käufer mit der im Vertrag enthaltenen Löschungsbewilligung.
  • Der Notar teilt dem Grunderwerbsteuer-Finanzamt diese Umstände mit und der Erwerb wird grunderwerbsteuerfrei mit der Folge, dass auch der Verkäufer nicht mehr gesamtschuldnerisch für die Grunderwerbsteuer haftet.
  • Der Verkäufer wird nachfolgend möglicherweise im Wege des Schadenersatzes gegenüber dem Käufer vorgehen, da der Vertrag insoweit verbindlich war und sich der Käufer durch Nichtzahlung des Kaufpreises vertragswidrig verhalten hat.

Wichtig ist daher auch für den Käufer, dass er nicht in eine solche Situation gerät, in der unkalkulierbare Schadenersatzansprüche auf ihn zukommen. Dementsprechend muss die Finanzierung vor Abschluss des Kaufvertrages gesichert sein. Ist sie zu diesem Zeitpunkt nicht gesichert, kann man mit einem Rücktrittsrecht des Käufers im Kaufvertrag arbeiten für den Fall, dass die Finanzierung ohne Verschulden des Käufers nicht gelingt. Dieses Rücktrittsrecht sollte allerdings nur kurzfristig, etwa zwei bis drei Wochen, gewährt werden, damit der Verkäufer zeitnah Gewissheit hat, dass der Vertrag auch durchgeführt wird. Darüber hinaus hätte der Käufer die bis dahin entstandenen Kosten beim Notar bei Ausübung des Rücktrittsrechts zu übernehmen.

3. Fall: Der Verkäufer kann den Vertrag nicht erfüllen

Die Gründe für eine solche – ebenfalls seltene - Situation sind vielgestaltig. In manchen Fällen können die Gläubiger in Abteilung III des Grundbuchs nicht vollständig aus dem Kaufpreis abgelöst werden und der Verkäufer ist auch finanziell nicht in der Lage „Zuschüsse“ zu leisten. Manchmal wird eine Genehmigung eines vollmachtlos Vertretenen nicht erteilt oder eine sonstige Genehmigung (sanierungsrechtliche Genehmigung, vormundschaftsgerichtliche Genehmigung etc.). In dieser Situation ist für den Käufer wichtig, dass der Kaufpreis nicht vorher gezahlt wurde. Dies regelt ein guter Notarvertrag, der sämtliche Risiken zur Zahlungsvoraussetzung macht: Erst wenn alle Voraussetzungen vorliegen, die einen reibungslosen Eigentumserwerb des Käufers garantieren, wird der Kaufpreis überhaupt fällig gestellt.

Tritt eine solche Situation ein, kann anders als im 2. Fall nunmehr der Käufer sich vom Vertrag lösen und nachfolgend dann auch Schadenersatzansprüche gegenüber dem Verkäufer geltend machen, der den Vertrag nicht erfüllen konnte.

Vorsorgend kann dementsprechend dem Verkäufer nur geraten werden, bereits im Vorfeld des Grundstückskaufvertrages zu ermitteln, ob es solche Abwicklungshindernisse aus seiner Sicht gibt. Dies gilt vor allen Dingen für die aus Abteilung III abzulösenden Gläubiger. Ist das Grundbuch überbelastet mit Gläubigerrechten, sollten vor Abschluss des Kaufvertrages entsprechende Gespräche geführt und eruiert werden, ob die Gläubiger teilweise mit ihren Forderungen zurücktreten und die Abwicklung des Kaufvertrages zulassen.

4. Fall: Der Verkäufer übergibt das Objekt nicht

Erfolgt die Übergabe verspätet, stellt dies eine Vertragspflichtverletzung des Verkäufers dar mit allen sich hieraus ergebenden Folgen: Der Käufer kann die ihm entstandenen Schäden gegenüber dem Verkäufer geltend machen, er kann sich gegebenenfalls nach entsprechender Fristsetzung auch vom Grundstückskaufvertrag nachträglich lösen.

Dem Verkäufer kann dementsprechend nur geraten werden, den Übergabezeitpunkt (= Zeitpunkt seines Auszuges aus der eigengenutzten Immobilie) realistisch zu kalkulieren und nicht zu eng zu wählen. Der im Vertrag geregelte Zeitpunkt ist für beide Parteien bindend, für den Käufer wie für den Verkäufer. Die Überschreitung des Übergabezeitpunkts ist keine „Kavalierspflichtverletzung“, sondern eine ernsthafte Vertragspflichtverletzung, die zu entsprechenden Rechten und Ansprüchen des Käufers führen kann.

5. Fall: Der Käufer stellt nach Übergabe Mängel fest

Wie in diesen Fällen die Rechtslage ist, regelt der Vertrag oft sehr detailreich. Beim Verkauf eines Altbaus, zum Beispiel eines Objekts, das älter als drei Jahre ist, gilt in der Regel folgende Regelung:

  • Für Mängel, von denen der Verkäufer nichts gewusst hat, haftet er nicht.
  • Für Mängel, die der Verkäufer dem Käufer verschwiegen hat, haftet der Verkäufer uneingeschränkt nach den gesetzlichen Vorschriften.

Anders ist die Rechtslage bei Kauf eines Neubauobjekts oder im Rahmen eines Bauträgervertrages. Auch hier gibt es allerdings im Regelfall im Grundstückskaufvertrag eine sehr dezidierte Sachmängelregelung, die alle Unwägbarkeiten vorhersieht.

6. Fall: Ein Vorkaufsrecht wird ausgeübt

Bei jedem Grundstückskaufvertrag (Ausnahme: Eigentumswohnung) besteht ein gesetzliches Vorkaufsrecht der öffentlichen Hand. Dieses Vorkaufsrecht beeindruckt bei der Abwicklung wenig, wird es in der Praxis doch regelmäßig nicht ausgeübt (in der Praxis des Unterzeichnenden ist seit 1994 noch niemals das öffentliche Vorkaufsrecht ausgeübt worden).

Anders ist dies bei Vorkaufsrechten, die im Grundbuch eingetragen sind und bei einem Vorkaufsrecht des Mieters bei Verkauf eines vermieteten Objekts.

Der Notar wird den Verzicht auf das Vorkaufsrecht regelmäßig zur Zahlungsvoraussetzung machen, da bei Ausübung des Vorkaufsrechts der Käufer ja den Kaufvertrag verliert.

Vorbeugend kann Verkäufer und Käufer nur geraten werden, bereits vor dem Kaufvertrag Kontakt zum Vorkaufsberechtigten aufzunehmen und nachzufragen, ob bei einem Verkauf des Objekts das Vorkaufsrecht wirklich ausgeübt wird.

Darüber hinaus gibt es auch Gegenstrategien gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts, hier insbesondere Hürden für den Vorkaufsberechtigten, sich auf sein Vorkaufsrecht zu berufen. Da der Vorkaufsberechtigte nämlich den Vertrag so übernehmen muss, wie er zwischen Verkäufer und Käufer abgeschlossen ist, kann man zum Beispiel Folgendes regeln:

  • Benötigt der Käufer keine Finanzierung des Kaufpreises, wird der Kaufvertrag ohne Belastungsvollmacht abgeschlossen. Der Vorkaufsberechtigte kann dann in diesen Vertrag ebenfalls nur ohne Belastungsvollmacht einrücken; mit anderen Worten, er kann wie der ursprüngliche Käufer den Kaufpreis nicht über eine Bank finanzieren und muss dementsprechend von seinem Vorkaufsrecht absehen.
  • Hat der Käufer einen Makler beauftragt und schuldet er diesem Provision bei Abschluss des Kaufvertrages, kann eine sogenannte „Maklerklausel“ als echter Vertrag zu Gunsten Dritter zur Sicherung des Maklers in den Grundstückskaufvertrag aufgenommen werden und dies ist auch regelmäßig der Fall. Da der Vorkaufsberechtigte in den Vertrag so einrückt, wie er ihn vorfindet, hat er dann auch nach der Rechtsprechung die Maklerprovision zu übernehmen, obwohl er keine vertragliche Vereinbarung mit dem Makler hat. Auch dies ist eine Hürde zur Ausübung des Vorkaufsrechts.

7. Fall: Streit um die Verteilung der Kosten

Gelegentlich gibt es zwischen Verkäufer und Käufer Streit über die Verteilung der Kosten. Auf das Kapitel zu „Übergabe, Nutzen- und Lastenwechsel“ wird hingewiesen.

Der Notarvertrag muss so abgefasst sein, dass keine Zweifel über die Kostenverteilung entstehen können. Oft wird aber das „Innenverhältnis“ mit dem „Außenverhältnis“ verwechselt: Der Verkäufer hat im Außenverhältnis noch bestimmte Zahlungen Dritten gegenüber zu übernehmen (zum Beispiel die Grundsteuer und die Versicherungsbeiträge) und zwar über den Übergabezeitpunkt hinaus. Im Innenverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer hat aber der Käufer ab dem Nutzen- und Lastenwechsel diese Kosten zu tragen, so dass der Verkäufer tatsächlich diese Kosten mit ihm abrechnen und Zahlung verlangen kann. Alle übrigen unmittelbar aus dem Vertrag entstehenden Kosten sind im Regelfall eindeutig geregelt, wobei sich eingebürgert hat, dass der Käufer sämtliche Kosten des Vertrages zahlt (Notar, Grundbuchamt, Genehmigungen, Maklerprovision), während der Verkäufer alle Kosten zu tragen hat, die im Zusammenhang stehen mit der „Bereinigung“ des Grundbuchs (Löschung von Altbelastungen in Abteilung II und III des Grundbuchs).

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