Sicherungen des Käufers
Aus Käufersicht würde die größte Sicherheit darin bestehen, dass die Eigentumsumschreibung auf ihn bereits vorgenommen wäre unter Löschung aller Altbelastungen in Abteilung II und III des Grundbuchs und der Kaufgegenstand an ihn auch schon übergeben wäre. Wenn der Käufer zu diesem Zeitpunkt zahlt, ist die Zahlung ohne Risiko.
Auf eine solche Regelung kann sich aber der Notar im Interesse des Verkäufers nicht einlassen: Die Eigentumsumschreibung auf den Käufer vor der Zahlung des Kaufpreises es ihm diesem nämlich theoretisch ermöglichen, die Immobilie weiter zu veräußern, den Kaufpreis von seinem Abkäufer entgegenzunehmen und seinen Verkäufer nicht zu bezahlen.
In der Praxis wird daher schrittweise vorgegangen: Verkäufer und Käufer erbringen jeweils in kleinen Schritten ihre Leistung. Gibt der eine etwas Sicherheit, gibt der andere Sicherheit und dann kommt wiederum die Sicherheit der Gegenseite. Auf die übliche zeitliche Reihenfolge Vormerkung Löschungsbewilligung der Altgläubiger Zahlung des Kaufpreises Übergabe Eigentumsumschreibung wurde bereits hingewiesen. Diese zeitliche Reihenfolge ist das Kernstück der Sicherungen zwischen Verkäufer und Käufer.
Jeder Käufer wird einsehen, dass die Eigentumsumschreibung auf ihn nicht ohne Risiko des Verkäufers erfolgen kann, bevor der Kaufpreis gezahlt ist. Aus Sicht des Käufers muss der Kaufvertrag aber so angelegt sein, dass die Kaufpreiszahlung an den Verkäufer erst dann erfolgt, wenn ein lastenfreier Eigentumsübergang gesichert ist.
Der für den Käufer "gefährlichste" Zeitpunkt ist dann gegeben, wenn der Kaufpreis an den Verkäufer gezahlt wird. Liegen zu diesem Zeitpunkt keine ausreichenden Sicherungen vor und scheitert der Kaufvertrag im nachhinein – etwa, weil noch eine Genehmigung fehlt und nachträglich auch nicht erteilt wird, muss der Käufer den rechtsgrundlos gezahlten Kaufpreis ggf. einklagen und erfolgreich vollstrecken. Bei einer Insolvenz des Verkäufers droht ihm, den Kaufpreis vollständig zu verlieren, ohne eine Gegenleistung – nämlich die Immobilie zu erhalten.
Die Aufgabe des Notarvertrages liegt darin, den Käufer vor dieser Situation zu schützen.
In der Praxis erfolgt der Schutz dadurch, dass der Käufer nur unter ganz bestimmten bereits vorliegenden Voraussetzungen zu zahlen hat. Diese Voraussetzungen bewirken den erforderlichen Schutz des Käufers ("Auszahlungsvoraussetzungen" bzw. "Zahlungsvoraussetzungen").
Bei der in Berlin zum Teil noch üblichen Abwicklung des Kaufpreises über Notaranderkonto liegt der für den Käufer risikoreiche Zeitpunkt nicht in der Einzahlung auf das Notaranderkonto, sondern in der Auszahlung vom Notaranderkonto. Dementsprechend kann die Einzahlung sehr schnell erfolgen und auch ohne Rücksicht auf Vormerkung, Löschung der Altbelastung etc. Erst bei der Auszahlung vom Notaranderkonto müssen dann die Sicherungsinteressen des Käufers gewahrt sein ("Auszahlungsvoraussetzungen"). Bei einer Abwicklung ohne Notaranderkonto, also bei einer direkten Zahlung des Käufers an den Verkäufer müssen sämtliche Sicherungsvoraussetzungen zu diesem Zeitpunkt vorliegen. Da insbesondere die grundbuchmäßigen Voraussetzungen durch den Notar selbst überprüft werden können, wird in der Praxis so verfahren, dass der Notar dem Käufer eine so genannte "Fälligkeitsmitteilung" übersendet und ihm bestätigt, dass die im Kaufvertrag vereinbarten Sicherungsvoraussetzungen – wie z.B. die Eintragung oder Gewährleistung einer Vormerkung – vorliegen.
Die Sicherungen für den Käufer sind insoweit bei der Abwicklung ohne Notaranderkonto und bei der Abwicklung mit Notaranderkonto völlig identisch.
Im Folgenden werden die für den Käufer wichtigen Sicherungen wiedergegeben, wobei unterschieden werden soll nach Standardsicherungen – also Sicherungen, die bei jedem Grundstückskaufvertrag vorgesehen sein müssen und Sicherungen "von Fall zu Fall", bei denen sich also aus der besonderen Situation des Kaufvertrags ein erhöhtes Sicherungsbedürfnis gibt.
Standardsicherungen
Bei keinem Grundstückskaufvertrag kann darauf verzichtet werden, dass vor der Zahlung durch den Käufer eine Vormerkung im Grundbuch für den Käufer eingetragen oder zumindest gewährleistet ist. Die Vormerkung bewirkt – unjuristisch gesagt – eine Art "Grundbuchsperre" und verhindert zu Gunsten des Käufers, dass eine Weiterveräußerung des Grundstücks durch den Verkäufer an einen Dritten oder eine weitere Belastung des Grundstücks in Abteilung II und III z.B durch Gläubiger des Verkäufers möglich sind. Die Auflassungsvormerkung ist ein Hinweis im Grundbuch auf die bevorstehende Eigentumsumschreibung auf den Käufer und gibt ein Signal gleich einer Ampel (Grün: Freies Grundstück, Gelb: Achtung, Vormerkung, Rot: Eigentumsumschreibung). Die Vormerkung "blockiert" also das Grundbuch, sie friert das Grundbuch auf den gegenwärtigen Zustand ein. Für den abwickelnden Notar ist dies wichtig, weil er zwischen Abschluss des Kaufvertrages und der Eigentumsumschreibung auf den Käufer noch eine erhebliche Zeit benötigt, um die restlichen Voraussetzungen für einen sicheren Eigentumserwerb zu schaffen, beispielsweise das Einholen von Löschungsbewilligungen der Altgläubiger, die noch im Grundbuch in Abteilung II oder III eingetragen sind, die Einholung bestimmter Genehmigungen (sanierungsrechtliche Genehmigungen, vormundschaftsgerichtliche Genehmigung) oder den Verzicht auf das gesetzliche Vorkaufsrecht ("Negativzeugnis"). Ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Vormerkung legt sich also die Schutzwirkung der Vormerkung über das Kaufobjekt wie ein "Schutzpanzer". Darstellen lässt sich das wie folgt:
Von Kaufpreisteilzahlungen des Käufers vor der Sicherung durch Vormerkung ist dringend abzuraten, zumal die Auflassungsvormerkung im Regelfall wenige Tage nach Abschluss des Kaufvertrages bereits gewährleistet ist durch Antragstellung des Notars beim Grundbuchamt. Dieser Zeitpunkt sollte vor Leistungen jedweder Art zumindest abgewartet werden.
In Grundbuchbezirken, in denen die Eintragung der Vormerkung sehr lange dauert wie zurzeit bis auf wenige Ausnahmen noch in Berlin, würde das Zuwarten auf die Eintragung eine unnötige Belastung für den Verkäufer bedeuten, da dieser auf den Kaufpreis warten muss, bis die Vormerkung eingetragen ist. In diesen Fällen ist vertretbar, lediglich die "Gewährleistung" der Vormerkung ausreichend sein zu lassen. Gewährleistet ist die Vormerkung dann, wenn der Notar den Antrag auf Eintragung der Auflassungsvormerkung beim Grundbuchamt gestellt, danach selbst noch einmal Grundbucheinsicht genommen und festgestellt hat, dass sein Antrag vorliegt und keine störenden Zwischenanträge inzwischen beim Grundbuchamt eingereicht sind. Da das Grundbuchamt Anträge nach dem jeweiligen Datum des Eingangs bearbeiten muss, ist dann gewährleistet, dass die Vormerkung ohne vorrangige Belastung eingetragen wird.
Für den Käufer ist aber nicht nur wichtig, dass sein Eigentumserwerb über die Vormerkung gesichert ist und auch gesichert ist, dass der Verkäufer keine neuen Einträge vornehmen kann: Wenn im Grundbuch Altbelastungen in Abteilung II (z.B.: Wohnrecht) oder in Abteilung III (z.B.: Grundschuldeintragung für diejenige Bank, die seinerzeit den Ankauf des hiesigen Verkäufers finanziert hat) vorhanden sind, muss deren Löschung bis zur Zahlung des Kaufpreises gewährleistet sein. Die Altbelastungen gehen nämlich der zeitlich späteren Eintragung der Vormerkung für den Käufer vor, dem die Eigentumsverschaffung an einem belasteten Grundstück dementsprechend nur wenig nützt: Werden die Altdarlehen beispielsweise durch den Verkäufer nicht weiter bedient, kann die in Abteilung III des Grundbuchs eingetragene Bank die Zwangsversteigerung betreiben, ohne dass dies der Käufer verhindern kann. Dementsprechend ist es zwingend, dass der notarielle Kaufvertrag die Gewährleistung der Löschung von Altbelastungen als Zahlungs- bzw. Auszahlungsvoraussetzung vorsieht.
Sicherungen von Fall zu Fall
Bei bestimmten Fallsituationen ergeben sich zusätzliche Risiken. Diesen zusätzlichen Risiken muss zu Gunsten des Käufers dadurch Rechnung getragen werden, dass sie vollständig vor der Zahlung/Auszahlung des Kaufpreises beseitigt sind.
Beispiele sind die folgenden:
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Bei Grundstücken in den neuen Bundesländern muss ggf. die Grundstücksverkehrsgenehmigung eingeholt werden, mit der sichergestellt wird, dass angemeldete Ansprüche Altberechtigter nicht bestehen.
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Wenn der Verkäufer noch nicht im Grundbuch eingetragen ist, etwa, weil er Erbe des im Grundbuch eingetragenen verstorbenen Eigentümers ist, muss zur Zahlungs-/Auszahlungsvoraussetzung gemacht werden, dass der Erbschein oder das notarielle Testament vorgelegt werden.
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In manchen Fällen bedarf der Vertrag zusätzlicher Genehmigungen (z.B.: Verwalterzustimmung bei Wohnungseigentum, Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bei Beteiligung Minderjähriger). Das Vorliegen dieser Genehmigungen muss dann im Vertrag zur Zahlungs-/Auszahlungsvoraussetzung gemacht werden.
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Wenn bei der Abwicklung des Vertrages ein Vorkaufsrecht Dritter in Betracht kommt (Standard: Vorkaufsrecht der Gemeinde, allerdings nicht bei Wohnungseigentum und Erbbaurechten, Vorkaufsrecht bei vermieteter Eigentumswohnung nach § 577 BGB, Vorkaufsrecht bei Sozialbindung nach dem Wohnungsbindungsgesetz), sollte die Kaufpreiszahlung an den Verkäufer davon abhängig gemacht werden, dass entweder auf das Vorkaufsrecht verzichtet wurde (z.B. durch Negativattest der Gemeinde) oder die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts (im Regelfall zwei Monate) abgelaufen ist.
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