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Die Übergabe, Nutzen- und Lastenwechsel

Üblicherweise ist Voraussetzung der „Übergabe“ des Kaufobjekts die vorherige Zahlung des Kaufpreises, sei es auf Notaranderkonto, sei es bei direkter Abwicklung vom Käufer an den Verkäufer.

Es ist ein wichtiger Sicherheitsaspekt für den Verkäufer, dass er das Objekt erst dann übergibt, wenn er den Kaufpreis erhalten hat. Wird nämlich ein Kaufobjekt an einen Käufer vor der Zahlung des Kaufpreises übergeben, stellt dies ein nicht unerhebliches Risiko dar: Wenn der Käufer den Kaufpreis dann nicht zahlt, hat er Einfluss auf die Immobilie (Umbaumaßnahmen, Abrissmaßnahmen etc.) und im Übrigen durch den Besitz auch eine tatsächliche Rechtsposition, die der Verkäufer dann gegebenenfalls durch Räumungsklage mit erheblichem Zeit – und Kostenaufwand wieder beseitigen muss.

Aus diesem Grund gilt für den Verkäufer die Regel: Erst Zahlung, dann Übergabe.

„Übergabe“ im Rechtssinne bedeutet die tatsächliche Besitzverschaffung. Die Verschaffung des Besitzes ist etwas anderes als die Verschaffung des Eigentums: Der Eigentumserwerb im Grundstücksrecht ist nämlich erst dann vollendet, wenn letztlich die Eintragung des Käufers im Grundbuch in Abteilung I erfolgt ist. Der Besitzer eines Grundstücks muss daher nicht notwendig dessen Eigentümer sein, die Eigentümerstellung kann vielmehr nachfolgen und in der Praxis ist dies auch der Regelfall. Dementsprechend kann man folgendermaßen unterscheiden:

Phase 1: Eigentum und Besitz beim Verkäufer

Diese Phase ist zum Beispiel noch beim Abschluss des Grundstückskaufvertrages gegeben: Der Verkäufer hat sich zwar über den Eigentumsübergang mit dem Käufer geeinigt, der Eigentumsübergang ist aber noch nicht im Grundbuch eingetragen, so dass der Verkäufer noch Eigentümer ist. Mangels Zahlung des Kaufpreises hat der Verkäufer zu diesem Zeitpunkt auch noch keinen Besitz verschafft, so dass er selbst Besitz hat.

Phase 2: Verkäufer ist Eigentümer, Käufer ist Besitzer

Wenn nach Abschluss des Kaufvertrages der Kaufpreis gezahlt ist, erfolgt die Übergabe als tatsächliche Besitzverschaffung. Ab diesem Zeitpunkt ist der Verkäufer noch Eigentümer, nicht aber mehr Besitzer der Immobilie. Der Käufer ist Besitzer, aber noch nicht Eigentümer.

Phase 3: Eigentum und Besitz beim Käufer

Wird das Eigentum nachfolgend auf den Käufer im Grundbuch umgeschrieben, hat der Käufer nunmehr beide Rechtspositionen inne, die vorher (Phase 1) der Verkäufer hatte: Er ist Eigentümer geworden, weil er auch im Grundbuch in Abteilung I eingetragen ist, Besitzer ist er bereits seit der Übergabe.

Aus der erfolgten Übergabe des Kaufobjekts ergeben sich folgende Konsequenzen:

Erste Konsequenz: Tatsächlicher Besitzwechsel

Der Verkäufer ist nicht mehr Besitzer der Immobilie, der Käufer ist jetzt Besitzer. Mit dem Besitzwechsel ist bei eigengenutzten Immobilien dann auch ein Auszug der Verkäuferseite und ein Einzug der Käuferseite verbunden. Die Besitzverschaffung erfolgt üblicherweise durch Übergabe sämtlicher Schlüssel des Objekts und einer entsprechenden Einweisung in die technischen Gegebenheiten. Gleichzeitig werden die Zählerstände abgelesen für Strom, Wasser etc. und die entsprechenden Firmen über den Besitzwechsel informiert und die Zählerstände mitgeteilt. Der Verkäufer wird sich polizeilich abmelden, der Käufer wird sich anmelden. Verkäufer und Käufer werden der Post entsprechende Mitteilung machen und die Adressänderung auch bei Banken, Versicherungen, Geschäftspartnern, Arbeitgebern, Versorgungseinrichtungen, Zeitschriftenzustellern, Finanzamt, Kindergarten, Schule, Mobilfunktelefondienst, Krankenkasse etc. mitteilen. Bei einem Umzug von einem Landkreis in einen anderen beziehungsweise von der Stadt in das Umland oder vom Umland in die Stadt, wird auch ein neues Kfz-Nummernschild beantragt werden müssen. Jedenfalls bedarf es der Berichtigung der Anschrift im Fahrzeugschein.

Zweite Konsequenz: Nutzenwechsel

Ab dem Zeitpunkt der Übergabe darf der Verkäufer das Kaufobjekt nicht mehr nutzen, der Käufer darf es allein nutzen. Dies bedeutet beispielsweise, dass der Käufer ab der Übergabe in das Objekt einziehen darf, Umbauarbeiten, Modernisierungen und Renovierungen vornehmen darf, bei vermieteten Objekten die Miete dem Käufer zusteht etc.. Der Käufer nutzt ab dem Übergabezeitpunkt praktisch wie ein Eigentümer (obwohl er erst Eigentümer mit Eigentumsumschreibung im Grundbuch wird, vergleiche oben). Aus diesem Grund spricht man ab diesem Zeitpunkt bereits vom „wirtschaftlichen Eigentum“ des Käufers.

Dritte Konsequenz: Lastenwechsel

Der Käufer hat ab der Übergabe aber nicht nur das Recht zur Nutzungsziehung, er hat auch sämtliche Lasten des Objekts zu tragen, also beispielsweise die Grundsteuer (laufende Steuer für die Immobilie, nicht zu verwechseln mit der Grunderwerbsteuer), sämtliche Verbrauchskosten der Immobilie, Versicherungen, bei Wohnungseigentum die Zahlung des Wohngeldes, Zahlung von Erschließungsbeiträgen für Erschließungsmaßnahmen, die nach der Übergabe begonnen oder fertiggestellt werden etc.

Vierte Konsequenz: Gefahrübergang

Auch das Risiko einer Zerstörung der Immobilie oder einer Beschädigung geht mit der Übergabe auf den Käufer über. Hintergrund ist, dass der Käufer nunmehr Sachverwalter der Immobilie ist und nur er dafür Sorge tragen kann, dass die Immobilie vor Beschädigungen geschützt wird.

Beispiel: Wird das Kaufobjekt nach Abschluss des Kaufvertrages, aber vor der Übergabe durch einen Sturm beschädigt, trägt die Gefahr hierfür der Verkäufer, das heißt, er muss die Kosten tragen. War der Sturm einen Tag nach Besitzübergang, trägt bereits der Käufer die Gefahr und muss die Kosten tragen.

Fünfte Konsequenz: Übergang der Verkehrssicherungspflicht

Wenn nach der Übergabe allein der Käufer tatsächlichen Besitz an der Immobilie hat, trifft ihn auch die Verkehrssicherungspflicht. Der Käufer muss dementsprechend dafür sorgen, dass dritte Personen vor Beschädigungen geschützt werden (Umfallen morscher Bäume auf den Bürgersteig, Schneebeseitigungspflicht etc.). Es empfiehlt sich dementsprechend, bereits ab der Übergabe eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, vergleiche auch unten „V. Der Übergang von Versicherungen“.

Sechste Konsequenz: Es ist immer eine Abrechnung zwischen Verkäufer und Käufer erforderlich

Durch das Auseinanderfallen von Besitz (= Übergabe) und Eigentum (= Umschreibung im Grundbuch) kommt es zu einem Zwischenstadium, in dem der Verkäufer noch Eigentümer ist, nicht aber mehr Besitzer, der Käufer schon Besitzer aber noch nicht Eigentümer. Dies wirkt sich beispielsweise wie folgt aus:

Wohnungseigentumsrechtlich ist der Käufer erst dann Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft, wenn die Eigentumsumschreibung im Grundbuch auf ihn erfolgt ist. Dementsprechend hat er vor diesem Zeitpunkt noch kein Stimmrecht. Üblicherweise wünscht der Käufer aber, spätestens mit Übergabe das Stimmrecht auszuüben, da es nur noch um seine Belange, nicht mehr um die Belange des Verkäufers in den Abstimmungen gehen kann. Aus diesem Grund findet sich üblicherweise im Wohnungseigentumskaufvertrag eine Stimmrechtsvollmacht auf den Käufer.

Abgeschlossene Versicherungen zum Gebäude laufen weiter bis zur Eigentumsumschreibung (vergleiche oben „V. Der Übergang von Versicherungen“), das bedeutet für den Verkäufer, dass er auch die Prämien über den Übergabezeitpunkt hinaus weiter zahlen muss. Im Innenverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer ist aber ein Lastenwechsel auf die Übergabe vereinbart. Hieraus ergibt sich, dass später noch einmal eine Abrechnung erfolgen muss. Der Verkäufer erhält denjenigen Teil der Prämien vom Käufer erstattet, den er vom Übergabezeitpunkt an für den Käufer verauslagt hat.

Bei einer Eigentumswohnung ist Wohngeldschuldner gegenüber der Gemeinschaft bis zur Eigentumsumschreibung der Verkäufer, erst nach der Eigentumsumschreibung der Käufer. Wenn der Verwalter darauf besteht, dass noch der Verkäufer das Wohngeld bis zur Eigentumsumschreibung zahlt, erfolgt diese Zahlung ab dem Übergabezeitpunkt wie bei der Grundsteuer für den Käufer. Es ist dann im Innenverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer noch abzurechnen.

Bei jedem Grundstückskaufvertrag stellt sich das Problem der Zahlung der Grundsteuer. Die Grundsteuer wird von der Gemeinde / dem Bezirksamt für das Kalenderjahr festgesetzt. Zur Zahlung fällig ist sie vierteljährlich am 15.02., 15.05., 15.08. und 15.11. in Höhe je eines Viertels des Jahresbetrages. Steuerschuldner im Außenverhältnis gegenüber dem Finanzamt für das gesamte Kalenderjahr ist aber der Verkäufer. Im Innenverhältnis ist allerdings zwischen Verkäufer und Käufer im Grundstückskaufvertrag vereinbart, dass der Lastenwechsel bereits mit Übergabe stattfindet. Bereits bezahlte Quartale, die über den Übergabezeitpunkt hinausgehen, müssen daher zwischen Verkäufer und Käufer noch im Innenverhältnis abgerechnet werden. Hinsichtlich weiterer Quartale kann dann pragmatisch so verfahren werden, dass der Käufer die Grundsteuer bereits für den Verkäufer zahlt. Nach Eigentumsumschreibung ist dann ohnehin alleiniger Steuerschuldner der Käufer.

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